Auburn Hills. Seit seiner überraschenden Berufung an die Spitze von Chrysler vor knapp drei Monaten hat Robert Nardelli eine beachtliche Zahl von Topmanagern angeworben, die den angeschlagenen Autohersteller wieder in die Spur bringen sollen. Welche Prioritäten Nardelli und sein Team dabei setzen, wird immer deutlicher erkennbar: Neben dem erneuten Kapazitätsabbau und weiteren Stellenstreichungen soll durch verstärktes Engagement im Ausland die Abhängigkeit vom US-Markt verringert werden.
Ein Stützpfeiler der Restrukturierung ist jedoch schon ins Wanken geraten: Weil der chinesische Allianzpartner Chery nicht so schnell wie geplant exportfähige Kleinwagen liefern kann, wird Chrysler die Lücke bei spritsparenden Fahrzeugen kurzfristig kaum schließen können. Der US-Hersteller ist im vergangenen Jahr nach einem Absatzeinbruch im Heimatmarkt tief in die roten Zahlen gerutscht, weil sich die Nachfrage hin zu umweltfreundlicheren Modellen verschoben hat und Chrysler keine entsprechenden Fahrzeuge anbieten kann.
Nach Einschätzung des neuen Asien-Chefs Phil Murtaugh werden die chinesischen Hersteller noch einige Jahre brauchen, bis sie ihre Produkte in etablierte Märkte wie die USA oder Europa exportieren können. Außerdem müssen nach der Trennung von Daimler und Chrysler die China-Aktivitäten neu verhandelt und von den chinesischen Behörden freigegeben werden, was noch Monate dauern kann.
Dennoch spielen China und andere Schwellenländer als Absatzmarkt bei der Restrukturierung des Konzerns eine entscheidende Rolle: Durch die Expansion in schnell wachsende Regionen soll die Abhängigkeit vom US-Markt, wo 92 Prozent aller Fahrzeuge verkauft werden, verringert werden. Um in China und Russland wettbewerbsfähig zu sein, sucht Chrysler derzeit lokale Allianzpartner für eine gemeinsame Produktion.
Ein wichtiger Schritt in Richtung Profitabilität ist ein neuer Tarifvertrag mit der US-Gewerkschaft UAW für die 45.000 Arbeiter sowie für 55.000 Betriebsrentner und deren Angehörige. Der Abschluss ebnet den Weg für wesentlich geringere Löhne für neue Beschäftigte, die nicht in der Produktion arbeiten. Zudem wird die Krankenversicherung für Betriebsrentner in einen Fonds eingebracht, der von der UAW verwaltet wird und nur noch teilweise von Chrysler finanziert werden muss.
Aufgrund des schwächelnden Heimatmarkts muss Chrysler nun zusätzlich Kapazitäten stilllegen und zu den bisher geplanten 13.000 Arbeitsplätzen weitere 11.000 Stellen abbauen. Wenig profitable Fahrzeuge wie das PT Cruiser Cabrio, der Pacifica und der Crossfire werden auslaufen. Darüber hinaus sollen Immobilien im Wert von rund einer Milliarde US-Dollar verkauft werden.