München. "Es ist ein Fakt, dass Fälschungen in grossem Umfang verkauft werden. Wir können froh sein, wenn sie nicht den europäischen Markt erreichen", sagt Doris Möller vom Aktionskreis Deutsche Wirtschaft gegen Produkt- und Markenpiraterie (APM). Im APM haben sich Autohersteller wie Audi und DaimlerChrysler mit grossen Zulieferern von Bosch bis ZF Friedrichshafen zusammengeschlossen, um gemeinsam gegen die internationale Produktpiraterie vorzugehen.
Produktpiraterie nimmt zu
Möller ist sich sicher, dass der Handel mit Fälschungen in den vergangenen Jahren zugenommen hat. Allerdings muss hierbei klar zwischen Europa und den Märkten in Asien, Afrika oder Südamerika unterschieden werden. Die Grenzkontrollen des Zolls und ein wachsamer Teilehandel verhindern, dass auf dem deutschen und europäischen Markt massenhaft Plagiate auftauchen. Im vergangenen Jahr hat der deutsche Zoll Plagiate aus der Autoindustrie im Wert von 785.103 Euro sichergestellt -- ein Klacks im Vergleich zu den 104 Millionen Euro bei den Konsumgütern oder den 13,5 Millionen Euro bei gefälschten Textilien.
Leichter haben es die Produktpiraten in Märkten, die weniger streng überwacht werden. "China liefert Fälschungen nach Afrika und Südamerika. Diese Zahlen findet man nirgends", sagt Möller.
Beim Zulieferer Hella sieht man das Problem der Plagiate auch eher im asiatischen Raum. "Gefälschte Hella-Lampen kommen meist nicht nach Europa. Wir finden sie vor allem in China", sagt Jürgen Meyer, der für Patente und Lizenzen zuständig ist. Deshalb hat Hella dort eine Wirtschaftsdetektei beauftragt, gegen Fälscher vorzugehen. Zudem arbeiten fünf Mitarbeiter in Deutschland gegen Produktpiraten. Wie gross der Schaden durch Plagiate für Hella ist, lässt sich nicht bemessen. "Ich kann schlecht ein Geschäft abschätzen, das ich nicht gemacht habe", sagt Meyer.
Dass der Kampf gegen Produktpiraten nur mit guten Kontrollen funktioniert, zeigt ein Beispiel des Pkw-Filterherstellers Hengst. Maltesischen Zöllnern fiel im vergangenen Jahr ein Container mit 200.000 Filtern "made in Germany" auf, der über China nach Marokko geschickt werden sollte. Die Kontrolle ergab, dass es sich um Plagiate mit einem Marktwert von 500.000 Euro handelte. "Neben dem finanziellen Schaden leidet natürlich der Ruf unserer Marke, wenn minderwertige Plagiate unter unserem Namen verkauft werden", sagt Hengst-Sprecherin Melanie Schürholz.
Das Thema Produktpiraterie beschäftigt die Autohersteller auch auf anderem Gebiet: Unter anderem mit dem Argument, die Flut der Plagiate eindämmen zu wollen, wehren sich die OEMs nach wie vor gegen die Erweiterung des Designschutzes um eine Reparaturklausel. Mit dieser Klausel bliebe zwar der Schutz für das Neuwagen-Design bestehen, er würde aber im Ersatzteil-Bereich ausser Kraft gesetzt. Der freie Ersatzteile- und Reparaturmarkt hofft nun darauf, dass das Europäische Parlament die Einführung der Reparaturklausel befürwortet.