Reutlingen. Zwischen George Orwells Überwachungsstaat in seinem Erfolgsroman "1984" und der Unterhaltungsshow "Verstehen Sie Spass?" bewegt sich eine Idee, mit der die Max Moritz GmbH ihren Werkstattservice verbessern will. Die Mitarbeiter sollen künftig in Werkstatttests nicht nur anhand von Checklisten geprüft, sondern im Umgang mit den Kunden von einer versteckten Kamera gefilmt werden. Dazu wird ein Testkunde von Dekra Consulting in die Werkstatt geschickt, zu einem späteren Zeitpunkt wird der Servicemitarbeiter über die Filmaufnahme informiert. Gemeinsam mit einem Coach sieht er sich den Film an, um selbst zu erkennen, wie er sein Verhalten im Kundengespräch verbessern könnte.
Werkstatttests mit versteckter Kamera
Max Moritz möchte mit der versteckten Kamera die Kundenorientierung seiner Werkstattmitarbeiter verbessern. "Wir wissen, dass unsere Serviceprozesse noch nicht so optimal sind, wie sie sein sollten", sagt Thomas Heiland, Brandmanager der Max Moritz GmbH. Bislang macht der Kundendienst laut Heiland lediglich 30 bis 40 Prozent des Ertrags aus, bis 2007 möchte er ihn auf 60 Prozent steigern. Die gefilmten Werkstatttests sollen dazu wesentlich beitragen. Für die Aufnahmen will die Wellergruppe in ihren vier Max Moritz-Häusern Soest, Werl, Hagen und Reutlingen mit Dekra Consulting und der Filmproduktion EarlyBird Media zusammenarbeiten. Mit zwei erfolgreichen Tests in der Filiale in Soest wurde die Pilotphase bereits abgeschlossen. Zum endgültigen Startschuss fehlt nur noch eine Einigung über die Kosten. Geplant ist bislang, von den vier jährlichen Werkstatttests in einem Autohaus lediglich einen zu filmen. Allerdings wollen sich weder Max Moritz noch Dekra Consulting zu den Kosten eines einzelnen Tests mit versteckter Kamera äussern.
Bei der Auswertung des Films soll der Serviceberater erkennen, wie er sein Verhalten gegenüber dem Werkstattkunden verbessern kann. Max Moritz und Dekra Consulting erwarten, dass das Film-Coaching auf die Mitarbeiter authentischer wirkt als die bisherigen Tests mit Checklisten. Zudem kann der Film auch Stunden oder Tage nach der Aufnahme zusammen mit einem Trainer angesehen werden. Bisher musste das Analysegespräch direkt im Anschluss an den Test geführt werden, um den direkten Eindruck zu bewahren. Der Arbeitsfluss wurde dazu oft unterbrochen. Dank der Videos sei die Auswertung nun möglich, "wenn die Leute keine Autos im Kreuz haben, die fertig werden müssen", sagt Carsten König, Geschäftsführer von Dekra Consulting.
König weiss, dass er sich mit den versteckt gefilmten Tests rechtlich "auf sehr dünnem Eis" bewegt. Die Mitarbeiter würden zwar über die künftigen Filmaufnahmen informiert, allerdings ohne den Zeitpunkt zu erfahren. Zudem versichern König und Heiland, dass die Aufnahmen nur zur Weiterbildung verwendet werden. Lediglich der Coach würde sie mit dem Mitarbeiter ansehen. "Für die Personalabteilung sind die Videos tabu", sagt Heiland.