München. Wie der Föderalismus aus einer umweltpolitischen Idee einen fiskalpolitischen Zank um die Zeche zwischen der Bundesregierung und den Ländern macht. Eigentlich müsste selbst die Deutsche Umwelthilfe (DUH) zufrieden sein: "Nach jahrelangem Stillstand hat die Bundesregierung endlich ein diskussionswürdiges Russfilter-Förderkonzept für Pkw veröffentlicht", sagt DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch. Ein Sprecher von Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) bezeichnet es als "in sich schlüssiges Konzept", das die Bundesregierung "zur steuerlichen Förderung mit Partikelfiltern nachgerüsteter Diesel-Pkw" vorgelegt habe. Doch der Plan der Regierung, die Nachrüstung alter Dieselfahrzeuge mit Russpartikelfiltern rückwirkend für 2006 und 2007 mit 300 Euro steuerlich zu fördern, droht am Einspruch der Länder zu scheitern.
Ohne Filter
Als Folge geht die seit Monaten andauernde Hängepartie um die Reduzierung von Russpartikeln in Autoabgasen weiter. Dieses Hin und Her verunsichere die Autokunden, so ein Sprecher des Verbands der Automobilindustrie (VDA). Und das sei Gift für die Autokonjunktur, die sich gerade zu erholen begann.
Längst ist der Russfilter zum Menetekel dafür geworden, wie sinnvolle und allseits gelobte Gesetze am deutschen Föderalismus scheitern. Finanziert werden sollte die Filter-Förderung, indem 2008 und 2009 Nachrüstverweigerer 40 Euro mehr Kfz-Steuer zahlen müssen. Wer nach 2006 noch einen Diesel ohne neuen Partikelfilter kauft, soll zudem 300 Euro Strafsteuer zahlen.
Doch die Länder zweifeln an der Finanzierbarkeit. Finanz- und Umweltministerium gehen davon aus, dass die Förderung die Länder in den Jahren 2006 und 2007 zwar mit insgesamt 270 Millionen Euro belasten würde, in den drei Folgejahren solle derselbe Betrag aber über die Strafsteuer wieder in die Länderkassen gespült werden. Die Finanzminister der Länder sehen bei dieser Rechnung allerdings rot: 200 Millionen Euro müssten die Länder am Ende für die Förderung zahlen, so ihr eigenes Zahlenspiel. Bayerns Finanzminister Kurt Faltlhauser (CSU) koordiniert die Länder-Kollegen der Union, welche die Förderung "einhellig nicht befürworten". Die von der SPD geführten Bundesministerien für Finanzen und für Umwelt haben aber nicht nur die Unionsländer gegen sich, selbst die SPD-Länder blocken. Beim Geld hört die Parteifreundschaft auf.
Marktübersicht
Anzahl der angebotenen Modelle mit Partikelfilter:
Volkswagen: 33
Mercedes: 32
Opel: 22
Audi: 19
Peugeot: 17
Renault: 16
BMW: 14
Citroën: 12
Fiat: 11
Volvo: 10
Seat: 9
Ford: 8
Alfa Romeo: 7
Mazda: 5
Lancia: 4
Skoda: 4
Jaguar: 3
Saab: 3
Toyota: 3
Hyundai: 2
Kia: 2
Smart: 2
Suzuki: 2
Cadillac: 1
Chrysler: 1
Jeep: 1
Lexus: 1
Nissan: 1
Quelle: ADAC
&Copy; Automobilwoche
Ausgangspunkt der Diskussion um Russfilter war die hohe Feinstaubbelastung in den Städten. Es ist zwar umstritten, ob die neun Millionen Diesel-Pkw tatsächlich die hohe Staubbelastung produzieren. Andere, zum Teil natürliche Quellen würden vernachlässigt, kritisieren die Automanager und verweisen auf hohe Staubkonzentrationen auf Nordseeinseln.
Doch die Interessenvertretungen der Autobranche haben sich längst mit dem Filter arrangiert. So plädiert der ADAC schon seit Monaten für eine Förderung, und der VDA wünscht nach eigenen Aussagen "den raschen Start der Nachrüstlösung" -- allein schon um die Unsicherheit aus dem Markt zu nehmen. Auch gegen die Förderung von Neuwagen mit Filter hat der VDA nichts einzuwenden: Inzwischen würden drei von vier neu zugelassenen Dieselfahrzeugen deutscher Marken mit Filter ausgeliefert, so Verbandspräsident Bernd Gottschalk. 2008 soll diese Quote 100 Prozent erreichen. In den ersten vier Monaten dieses Jahres sei die Zahl der produzierten Partikelfilter für Diesel-Pkw im Vergleich zum Vorjahr um 240 Prozent auf 450.000 Einheiten sprunghaft gesteigert worden.
DaimlerChrysler-Chef Dieter Zetsche plädiert ohnehin dafür, statt alte Diesel mit Filtern nachzurüsten, lieber den Ersatz durch gefilterte Neufahrzeuge zu fördern. Es sei besser, Altfahrzeuge "schrittweise durch effiziente Fahrzeuge mit neuer Technologie (inkl. serienmässigem Partikelfilter) zu substituieren", schrieb Zetsche in einem Brief an die Regierung. Doch eine "Verschrottungsprämie" für Alt-Diesel dürfte schon an der Frage scheitern, wer sie bezahlen soll.