Das größte Eigentor aller Zeiten

Oh my god, das ging schief! Am Ende haben alle guten Argumente nicht gereicht. Eine knappe Mehrheit der britischen Wähler stimmte am Donnerstag für den Ausstieg aus der Europäischen Union. Für die Autobranche, die zuletzt prächtig in UK verdient hat, bedeutet das eine gründliche Neuorientierung.

Eine massive De-Investitionspolitik von BMW, Nissan & Co. auf der Insel ist zwar nicht zu erwarten, dennoch hat mit dem 23. Juni 2016 eine langjährige Phase der Ungewissheit begonnen. Selbst wenn in vielen Einzelfragen Lösungen gefunden werden, die dem derzeitigen Freihandel sehr nahe kommen sollten, werden alle Geschäfte mit und in Großbritannien komplizierter, weniger ertragreich und vor allem risikoreicher.

Freilich wird es nicht nur Verlierer, sondern auch Gewinner des bevorstehenden langjährigen Ablösungsprozesses geben. Verlierer sind in erster Linie die britischen Verbraucher, die höhere Preise für die schönen Autos made in Germany und andernorts bezahlen werden müssen.

Verlierer sind aber auch Volkswagen und Daimler, die nicht auf der Insel produzieren (Ausnahme ist die VW-Marke Bentley) und somit den steigenden Währungsrisiken und möglichen tarifären und nichttarifären Hürden stärker ausgesetzt sein werden als Hersteller wie Toyota, Nissan, BMW, JLR und Honda, die in UK produzieren.

Diese Unternehmen mit einer starken UK-basierten Fertigung werden womöglich sogar Vorteile aus einem schwachen Pfund ziehen können.

Fest steht: Die Briten haben das fatalste Eigentor aller Zeiten geschossen. Bedeutende Arbeitgeber wie Nissan oder Toyota werden sich vorerst mit größeren Investitionen in UK zurückhalten. Profitieren könnten davon wiederum Irland oder andere EU-Staaten.

Die britische Automobilproduktion ist mit dem Brexit-Votum verletzlicher geworden für die erratischen Ausschläge der Kapitalmärkte. Die Möglichkeiten zu Forschung und Entwicklung in UK werden schrumpfen, denn ohne die Fördermilliarden der EU werden es Universitäten, Start-ups und Unternehmen schwieriger haben, neue Projekte anzugehen.

Die Dividenden für Unternehmen aus ihren britischen Filialen - im Falle von BMW ist das beispielsweise Mini - werden sinken, die Attraktivität von made in Britain wird geringer. Und nicht zuletzt wird es für die Autobranche schwieriger, große Headquarters auf der Insel zu betreiben und dort Manager und Entwickler auf der Insel zu halten. Oh my god, das ging schief!