DARUM GEHT ES:
Bei einem Spitzentreffen wollen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Kommunen die Weichen für die Umsetzung eines Milliarden-Programms für bessere Luft in den Städten stellen. Damit sollen Diesel-Fahrverbote in Städten verhindert werden. Vor dem Treffen hatte es reichlich Kritik an der schleppenden Umsetzung des vor Monaten beschlossenen Fonds gegeben.
Im Entwurf eines Ergebnispapiers für das Spitzentreffen am Dienstag im Kanzleramt, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, heißt es: "Unser gemeinsames Ziel ist es, dass in allen von Grenzwertüberschreitungen betroffenen Kommunen möglichst schnell eine Einhaltung der Stickstoffdioxid-Grenzwerte erreicht wird."
350 Millionen Euro sollen demnach für die Elektrifizierung des Verkehrs bereitgestellt werden, etwa zur Umrüstung von Diesel-Busflotten. Weitere 150 Millionen Euro sollen in die Nachrüstung von Diesel-Bussen gehen, bis zu 500 Millionen Euro in die Digitalisierung des Verkehrs. Die Bundesregierung werde die Kommunen bei der Umsetzung der Maßnahmen durch eine gezielte Förderung unterstützen, heißt es weiter. In vielen Städten werden Grenzwerte beim Ausstoß der gesundheitsschädlichen Stickoxide andauernd überschritten. Größter Produzent des Schadstoffs ist demnach der Autoverkehr, wobei Diesel-Antriebe rund 80 Prozent beisteuern.
Anfang August hatten Bundesregierung und Autoindustrie bei einem ersten "Dieselgipfel" beschlossen, den Fonds "Nachhaltige Mobilität für die Stadt" aufzulegen. Der Fonds soll ein Volumen von einer Milliarde Euro haben, davon soll die Autoindustrie 250 Millionen Euro zahlen. Unklar ist die Finanzierung des Fonds durch die Autoindustrie. Bisher wurde zudem noch nichts eingezahlt. "Das Angebot steht. Sobald alle administrativen Voraussetzungen seitens der Bundesregierung geklärt sind, werden die Unternehmen das Geld bereitstellen", sagte eine Sprecherin des Branchenverbandes VDA.
++++16:30 Uhr++++
Das Umweltbundesamt hält die Beschlüsse des Dieselgipfels nicht für ausreichend, um Fahrverbote flächendeckend zu verhindern. In hochbelasteten Städten wie Stuttgart oder München werde das Maßnahmenpaket nicht reichen, um die Luft ausreichend sauber zu bekommen, sagte Präsidentin Maria Krautzberger den Zeitungen des RedaktionsNetzwerks Deutschland. Es brauche zusätzlich zu den Software-Updates weitere Lösungen direkt an den Diesel-Pkw. Es führe kein Weg daran vorbei, insbesondere Euro-5-Diesel nachzurüsten.
++++16:15 Uhr++++
Kiels Oberbürgermeister Ulf Kämpfer (SPD) bleibt skeptisch. "Selbst wenn wir morgen alles Geld ausgegeben hätten, wäre das nur ein bisschen mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein, was unsere Hotspots angeht", sagte Kämpfer. "Wir müssen an die Quelle des Problems herangehen. Und das ist das, was aus dem Auspuff kommt." Hier sei er im Blick auf die Autoindustrie weiterhin skeptisch.
++++16:10 Uhr++++
Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) hat nach dem Spitzentreffen ein positives Fazit gezogen. "Insgesamt kann man mit dem Ergebnis zufrieden sein", sagte Scholz. Mit der Zustimmung zum vorzeitigen Beginn des Milliarden-Sofortprogramms für bessere Luft sei eine zentrale Hamburger Forderung aufgenommen worden. "Ohne auf den nächsten Haushalt warten zu müssen, können Förderungen für konkrete Schritte sofort beantragt werden", erklärte Scholz. "Vorrang für uns hat beispielsweise die Umstellung der öffentlichen Flotte auf E-Mobilität", sagte der SPD-Bundesvize.
++++16:00 Uhr++++
Diesel-Fahrverbote müssen nach Ansicht des Zentralverbands Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) vermieden werden. Keinesfalls dürften Berufspendler und Dieselfahrer in ihrer individuellen Mobilität eingeschränkt werden. Mit dem aktuell zu beklagenden Werteverfall gebrauchter Diesel seien die Halter dieser Fahrzeuge schon gestraft genug und Automobilhändler dadurch teilweise existenziell bedroht, so ZDK-Präsident Jürgen Karpinski.
++++15:55 Uhr++++
Scharfe Kritik kam von der Deutschen Umwelthilfe. Geschäftsführer Jürgen Resch sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Der Gipfel ist gescheitert, Fahrverbote sind wahrscheinlicher geworden." Als Grund nannte er die zeitliche Streckung von Förderprogrammen.
++++15:50 Uhr++++
Zitat: Merkel und der Elefant
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Dienstag nach dem Spitzentreffen mit Kommunen zu Projekten für bessere Luft in Städten: "Dann ging es um den sozusagen nicht anwesenden Elefanten im Raum, also die Automobilindustrie."
++++15:15 Uhr++++
Berlins Regierungschef Michael Müller (SPD) hat nach dem Dieseltreffen die deutsche Fahrzeugindustrie beim Bau von Elektrobussen in die Pflicht genommen. "Wir werden unsere Flotte umstellen", sagte er am Dienstag nach den Gesprächen im Kanzleramt. Dazu erwarte man technische Lösungen. Es gebe bis heute auch kein Elektrotaxi deutscher Hersteller.Berlin will 2018 erstmals in größerem Maßstab E-Busse kaufen. Bisher gibt es erst eine Handvoll solcher Fahrzeuge, im kommenden Jahr sollen 30 weitere hinzukommen.
++++15:00 Uhr++++
Die Greenpeace-Verkehrsexpertin Marion Tiemann sagte nach dem Gipfel: "Die Bundesregierung ignoriert weiterhin die Dimension des Problems. Eine Ölpest lässt sich auch nicht bekämpfen, indem man Fingerhüte ausgibt."
++++14:45 Uhr++++
Der Deutsche Städtetag hat die geplante schnelle Umsetzung des Milliarden-Programms für bessere Luft begrüßt, sieht aber offene Fragen bei der Finanzierung. Die Städte wüssten noch nicht, ob sie die Fördermittel tatsächlich unbürokratisch erhalten könnten, erklärte die Präsidentin des Städtetages, die Ludwigshafener Oberbürgermeisterin Eva Lohse: "Schwierig ist, den Kommunen bei den meisten Programmen eine finanzielle Eigenbeteiligung abzuverlangen. Das verlängert die Zeiträume deutlich, bis die Projekte anlaufen können." Um Diesel-Fahrverbote zu vermeiden, sei ein "Bündel von Maßnahmen" notwendig. "Die Städte sind nicht die Verursacher des Stickoxid-Problems und werden es mit ihren Maßnahmen nicht lösen können."
++++14:40 Uhr++++
Der Verband der Automobilindustrie(VDA) teilte nach dem Dieselgipfel mit: "(...)Vor allem digitale Maßnahmen zur Verkehrsverflüssigung und -minderung haben großes Potenzial, die Stickoxidwerte rasch zu reduzieren. (...)Wirksam sind zudem die Förderung alternativer Antriebe und Mobilitätsangebote sowie eine beschleunigte Erneuerung älterer Bus- und Taxi-Flotten mit Fahrzeugen der neuesten Schadstoffnorm. (...)Keine Maßnahme allein wird ausreichen, um den weltweit anspruchsvollsten Luftqualitätswerten in den betroffenen Städten zu entsprechen. Im Ergebnis kommt es auf wirkungsvolle Paketlösungen an. Die deutsche Automobilindustrie übernimmt Verantwortung und trägt einen wichtigen Teil zur Lösung bei. Freiwillige Software-Updates und Umstiegsprämien für besonders emissionssparende Autos können die Schadstoffbelastung effektiv und vergleichsweise schnell senken." (...)Die deutschen Hersteller stehen zu ihren Zusagen und leisten über den im August beschlossenen Fonds der Bundesregierung einen erheblichen Beitrag zur Verbesserung der urbanen Mobilität. "
++++14:30 Uhr++++
Vertreter verschiedener Städte haben nach dem Treffen die Autoindustrie kritisiert. Der Stuttgarter Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) sagte, die Autobauer könnten wegen eines Programms für Kommunen "nicht außen vor" bleiben. Die Aufgaben der Branche seien noch längst nicht gelöst. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) kritisierte, es gebe bis heute kein Elektrotaxi deutscher Hersteller.
++++14:00 Uhr++++
Das Spitzentreffen ist vorbei.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat den Kommunen nach dem Milliarden-Sofortprogramm für bessere Luft weitere Hilfen in Aussicht gestellt. Es gehe darum, das Sofortprogramm in Höhe von einer Milliarde Euro für 2018 zu "verstetigen". Sie wolle dies einbringen in die Verhandlungen zur Bildung einer neuen Regierung, sagte Merkel nach ihrem Treffen mit Vertretern der Kommunen. Ziel sei es, Fahrverbote zu vermeiden. Die Gelder aus dem nun aufgelegten Fonds sollten den Kommunen ab Mittwoch zur Verfügung stehen, damit diese "passgenau" Projekte umsetzen könnten.
Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) sprach von einem wichtigen Schritt. Die beschlossenen Maßnahmen allein reichten aber nicht aus, um das Problem von Dieselabgasen flächendeckend zu lösen. Sie sehe vor allem die Autoindustrie in der Pflicht.
++++13:50 Uhr++++
Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann plädiert weiterhin für eine blaue Plakette. In den gescheiterten Sondierungsgesprächen sei sie an Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) gescheitert. "Wenn die Bundesregierung uns das Instrument nicht gibt, muss sie uns andere geben", forderte Kretschmann. Doch da sei nichts in Sicht. Die Union habe die blaue Plakette abgelehnt mit der Begründung, es handele sich damit auch um Fahrverbote.
++++13:30 Uhr++++
Mittelstandspräsident Mario Ohoven sagt: "Der Mittelstand darf weder die Versäumnisse der Politik noch die Machenschaften der Autohersteller ausbaden. Fahrverbote in den Innenstädten gefährden die Existenz vieler kleiner und mittlerer Unternehmen. (...) Die Politik muss endlich aktiv werden. (...) Die im Sommer beim Autogipfel beschlossenen Maßnahmen waren bis jetzt eine Mogelpackung. Weder wurden die Software-Updates bis heute umgesetzt, noch wurden die angekündigten Mittel für den Mobilitätsfonds in Höhe von einer Milliarde Euro bereitgestellt. Dafür nutzten die Autohersteller den Autogipfel als ein reines Marketinginstrument. (...)"
++++11:00 Uhr++++
NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller sagt: "Der heutige zweite Diesel-Gipfel macht deutlich, dass insbesondere das Bundesverkehrsministerium die Situation nicht im Griff hat. Weder gibt es eine Lösung für drohende Fahrverbote, noch konnte der immense Imageverfall des Diesels gebremst werden. Ex-Verkehrsminister Alexander Dobrindt hat erst den Abgasskandal denkbar schlecht gemanagt und sich dann buchstäblich aus dem Staub gemacht. Nun bleiben nicht mal mehr drei Monate, bis das Bundesverwaltungsgericht am 22. Februar entscheidet, ob Kommunen Diesel-Fahrverbote verhängen müssen."
++++10:15 Uhr++++
Der Fahrzeugvermittler MeinAuto.de registriert trotz der anhaltenden Diskussionen um Fahrverbote seit einigen Monaten wieder eine steigende Nachfrage nach Diesel-Modellen. Mehr dazu
++++10:00 Uhr++++
Das Diesel-Treffen hat begonnen: Kanzlerin Angela Merkel (CDU)ist mit Vertretern von Kommunen und Ländern zusammengekommen, um über Maßnahmen gegen zu viel Diesel-Abgase in großen Städten zu beraten.
++++ 9:45 Uhr++++
Dem Städte- und Gemeindebund ist die Autoindustrie zu "zögerlich". Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, sagte, es könne nicht sein, dass die Kommunen den "schwarzen Peter" hätten, weil Diesel-Fahrverbote drohen. "Wir haben es nicht verursacht, wir haben auch nicht geschummelt." Landsberg äußerte außerdem "erhebliche Zweifel", ob die eingeleiteten Software-Updates bei Millionen von älteren Dieselautos ausreichten, um die Luft wirksam sauberer zu machen.
++++ 8:15 Uhr++++
Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) hofft weiterhin darauf, Fahrverbote in Stuttgart abwenden zu können. "Die Hoffnung stirbt zuletzt", sagte Hermann der "Rhein-Neckar-Zeitung". Um Verbote zu verhindern, müsse jedoch am Dienstag beim Dieselgipfel in Berlin "der Startschuss fallen". Dem Bund warf der Verkehrsminister vor, Länder und Kommunen bei der Luftreinhaltung "seit Jahren im Stich" gelassen zu haben. Der Minister bekräftigte die Forderung nach Einführung einer Blauen Plakette. "Ohne Blaue Plakette gibt es gar keinen Druck, die schmutzigen Fahrzeuge nachzurüsten", so Hermann. "Der Bund muss endlich aktiv werden und dieses Instrument einführen."
++++ 6:30 Uhr++++
Grünen-Verkehrsexperte Oliver Krischer sagte, notwendig sei ein zügiges und schnell umsetzbares Maßnahmenpaket. Dazu zählen das Bereitstellen von Geldern für die betroffenen Kommunen, wirksame und von der Autoindustrie finanzierte Nachrüstungen für manipulierte Autos sowie die Einführung einer blauen Plakette. "Alles andere schadet nicht nur der Umwelt und der Gesundheit der Menschen, sondern führt als Konsequenz zu Fahrverboten", sagte Krischer der dpa.
++++ 6:00 Uhr++++
Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) fordert nach dem Milliarden-Fonds weitere Finanzhilfen. Der Mainzer Oberbürgermeister Michael Ebling als VKU-Präsident sagte, es könne nicht bei dem Diesel-Fonds in Höhe von einer Milliarde Euro bleiben. "Das wird nicht ausreichen für die Verkehrswende in der Fläche." Vielmehr seien weitere Milliarden-Fördergelder notwendig. "Eigentlich müsste jedes Jahr ein solcher Milliarden-Fonds aufgelegt werden."
++++ 5:30 Uhr++++
Der Niedersächsische Städte- und Gemeindebund (NSGB) erwartet von dem Dieseltreffen konkrete Konzepte zur Schadstoffreduzierung. "Wir brauchen eine verlässliche Politik über die Stadtgrenzen hinaus für die ganze Bundesrepublik", sagte Verbandssprecher Thorsten Bullerdiek der Deutschen Presse-Agentur. Der Gipfel solle sich nicht nur mit Reparaturarbeiten befassen, sondern auch einen Fahrplan vorlegen. "Wie steigen wir in die Planung ein? Welches Konzept gibt es für Pkw? Welches Konzept für Lkw? Was ist mit der E-Mobilität?", so Bullerdiek. Nur dann, wenn es ein solches Konzept gäbe, könnten sich die Verbraucher auch danach richten.
Lesen Sie auch:
Was vom Dieseltreffen zu erwarten ist
Fahrverbot in Düsseldorf wahrscheinlich
Automanager klagt über Dieselfonds: "Es gibt nicht mal eine Kontonummer"