Rund, leicht, praktisch, günstig: Mit seinem knuffigen Konzeptfahrzeug MEET hatder Mahle-Konzern auf der IAAAufsehen erregt. Elektrostudien für den urbanen Verkehr waren bisher Herstellern oder den ganz großen Zulieferern vorbehalten. Das Fahrzeug von Mahle wird zwar in der gezeigten Form nie in Serie gehen. Doch die Komponenten wie etwa das 48-Volt-Traktionssystem sowie das effiziente und umweltfreundliche Thermomanagement sollen die Kompetenz des Zulieferers demonstrieren. Zudem hat Mahle schon längere Zeit Motoren für Pedelecs und elektrische Scooter im Programm.
Vor der Firmenzentrale in Stuttgart steht noch immer die Kolben-Skulptur als Zeichen dafür, was das Unternehmen groß gemacht hat. Doch mit dem einstigen „Kolben-Mahle“ hat der Konzern von heute nur noch wenig zu tun. „Vor sechs Jahren waren wir fast zu 100 Prozent vom Verbrennungsmotor abhängig, heute sind es deutlich unter 50 Prozent“, sagt Wolf-Henning Scheider, der von Bosch kam und seit Juli 2015 Mahle-Chef ist.Ein erster Schritt auf diesem Weg war die Übernahme des Klimaspezialisten Behr im Jahr 2013. Der Wärmehaushalt ist nicht nur für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren bedeutsam, sondern bei Elektroautos ein entscheidender Faktor für die Reichweite. Die Batteriezellen brauchen ähnliche Temperaturen wie der Mensch. Zu große Hitze undKälte können Leistung und Lebensdauer der Akkus schnell beeinträchtigen.
Im Sommer 2015 schnappte sich Mahle die Thermomanagementsparte des US-Zulieferers Delphi. Zuletzt kündigte Scheider eine Kooperation mit Faurecia beim Innenraumklima an.
Tatsächlich vergehen kaum ein paar Monate, ohne dass der Konzern Zukäufe oder Bereinigungen in seinem Produktportfolio ankündigt. Erst im März hatte Mahle den spanischen Elektronikspezialisten Nagares übernommen, um die Position bei Steuergeräten sowie Leistungswandler für E-Mobilitätslösungen zu verbessern. Als Vorteil sieht Scheider dabei auch den Zugang zu gut ausgebildeten Fachkräften, da Nagares Beziehungen zu den umliegenden Hochschulen pflegt. Mit dem Erwerb von Kokusan Denki und Letrika hatte Mahle bereits zuvor die Kompetenzen bei E-Motoren ausgebaut. Auf der anderen Seite wurden unprofitable Sparten wie Bosch Mahle Turbo Systems verkauft.Der Wandel des Unternehmens zeigt sich auch in einem deutlicherhöhten Forschungsaufwand. So hat sich die Zahl der Beschäftigten in der Entwicklung innerhalb von fünf Jahren auf 6000 verdoppelt. 750 Millionen Euro flossen 2016, die Quote erreichte mit 6,1 Prozent des Umsatzes einen Rekord. „2017 werden wir diese Investitionen erneut steigern“, so Scheider.
Der Mahle-Konzern erreichte 2016 mit rund 77.000 Mitarbeitern einen Umsatz von 12,3 Milliarden Euro. Dies bedeutet dank der Zukäufe ein Plus von sieben Prozent. Organisch betrug das Wachstum 3,4 Prozent. Der operative Gewinn (EBIT) lag bei 473 Millionen Euro, im Vorjahr bei 513 Millionen Euro. Die Umsatzrendite sank damit von 4,5 auf 3,8 Prozent. Für 2017 wird ein weiteres moderates Wachstum erwartet.Zwar treibt Mahle auch die weitere Entwicklung von Kolben und anderen Komponenten für Diesel und Benziner voran. Doch die Bedeutung für den Konzern wird weiter sinken. Scheider: „Ich gehe davon aus, dass wir im Jahr 2030 nur noch ein Drittel unseres Umsatzes mit dem Verbrennungsmotor machen.“
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