David Lyon hat Anfang des Jahres als Designchef beim neuen vietnamesischen Hersteller VinFast angeheuert. Tatsächlich aber hat Lyon als Nummer zwei nach Vorstandschef Jim DeLuca noch eine Reihe weiterer Aufgaben. Der Automobilwoche gab er Einblick in ein ungewöhnliches Unternehmen.
Herr Lyon, Sie haben die längste Zeit Ihrer Karriere als Interieurdesigner für General Motors gearbeitet. Welchen Job haben Sie bei VinFast?
Meine Hauptaufgabe ist, der Marke VinFast ein Gesicht zu geben. Dazu koordiniere ich die Arbeit von sechs Studios und Designteams rund um die Welt. Unterstützung bekommen wir dabei von Pininfarina und Italdesign. Da wir noch ein sehr junges Unternehmen sind, bin ich aber auch im Bereich Marketing und in der Kommunikation aktiv.
Über das Design der beiden auf der Paris Motor Show gezeigten Modelle haben nicht Sie, sondern die Menschen in Vietnam entschieden – ein ungewöhnlicher Designprozess.
Wir wollten von Anfang an deutlich machen, dass VinFast anders funktioniert als alle anderen Automobilhersteller. Deshalb haben wir konkurrierende Entwürfe der Öffentlichkeit vorgelegt, und mehr als 60.000 Menschen haben sich für die nun realisierten Prototypen entschieden. Mit unseren ersten Modellen zielen wir zunächst auf den lokalen Premiummarkt in Vietnam und in angrenzenden Regionen in Südostasien. Die Menschen hier sollen VinFast als ihre Marke wahrnehmen, nicht als Importauto aus Amerika, Japan oder Europa.
Die ersten Skizzen für die im Oktober in Paris gezeigten Prototypen wurden im August 2017 gezeichnet, einen Monat später lagen schon 20 Entwürfe vor, und im Juli 2018 sind die beiden Prototypen fertig geworden. Wie können Sie so schnell sein?
Wir sind so schnell, weil wir etablierte Technik nicht noch einmal neu entwickeln. Und wir holen uns Know-how durch unsere Partnerschaften mit einigen der besten Adressen in der Autobranche, dazu gehören Magna Steyr, Bosch, Siemens und Edag. Diese riesigen Entwicklungs- und Designerteams bei den Autoherstellern, das wollen wir loswerden – und zwar mit dem Ziel, ein neues Auto weit schneller auf die Straße zu bringen, als das bislang für möglich gehalten worden ist.
Vietnam ist bislang nicht bekannt als Industrieland mit breit gefächerter Produktion. Eine Automobilzulieferer-Struktur existiert allenfalls in Ansätzen. Wie wollen Sie unter solchen Bedingungen eine Massenfertigung starten?
Es stimmt, zu Beginn werden wir einen Großteil der Komponenten im Ausland einkaufen müssen. Aber wir haben das klare Ziel, Lieferanten in Vietnam ansässig zu machen. Da fangen wir systematisch an, mit dem Bau von technischen Schulen und Hochschulen. Die Vingroup ist auch ein großes Immobilienunternehmen, das ganze Stadtteile, Krankenhäuser und Universitäten baut.
Sie starten die Produktlinie mit zwei eher konventionellen Fahrzeugen: einer Limousine und einem SUV, jeweils mit herkömmlichem Antrieb. Welche Rolle spielen Zukunftsthemen wie Elektrifizierung für VinFast?
Unser Chairman hat eine sehr langfristige Vision. Das erste Ziel istes, ein anerkannter globaler Hersteller modernster Fahrzeuge zu werden, mit einer breiten Fertigung in Vietnam, inklusive Motorenproduktion. Der nächste logische Schritt sind dann in der Tat Elektrofahrzeuge. Wir haben bereits die ersten Elektro-Scooter auf den Markt gebracht, 2019 kommt das erste E-Auto und auch Elektro-Busse.
Lesen Sie auch: