Für Bosch könnte es teuer werden: Weil der Zulieferer Gussteile für ein Lenkgetriebe für die BMW-Modelle Einser-, Zweier-, Dreier- und Vierer-Reihe nicht in ausreichenden Stückzahlen beibringen kann, kommt es in München seit Dienstag vorige Woche, in Leipzig seit Freitag, im chinesischen Tiexi seit Montag zu Produktionsstopps.
"Die Produktion ist noch bis Ende der Woche gehemmt“, sagte ein BMW-Sprecher gegenüber der Automobilwoche. Wie genau es am Montag wieder weitergehe, sei aber noch nicht klar.
Damit hält die Beeinträchtigung der Produktion in manchen Werken über eine Woche an. Der Hersteller bemüht sich, die Ausfallkosten zu gering wie möglich zu halten. In Rosslyn in Südafrika etwa seien Wartungsarbeiten vorgezogen worden, erklärte BMW.
"Wir gehen davon aus, dass Bosch als der verantwortliche Lieferant für den uns entstandenen Schaden einstehen wird", sagte Einkaufsvorstand Markus Duesmann.
Wie hoch die Schadenssumme ist, für die Bosch aufkommen muss, lasse sich derzeit noch nicht sagen. Das hänge davon ab, wie viel Ausfall letztendlich zu verzeichnen sei.
Tatsächlich hängt die Höhe der Kompensationszahlung von mehreren Faktoren ab:
1. Wie viel und wie schnell kann nachproduzieren werden, sobald die Teile wieder vorliegen? Sprich, wie lange verzögern sich die Auslieferungen tatsächlich und wie gut kann der Ausfall mit der normalen Produktions- und Personalstärke anschließend kompensiert werden. „Im Moment sieht es so aus, als könnten wir einen großen Teil der Produktion wieder aufholen“, sagte ein Sprecher gegenüber der Automobilwoche. Das werde sich im Laufe der nächsten Monate zeigen.
2. Wie viele Anlagen müssten herunter- und wieder hochgefahren werden? Die Arbeitsgemeinschaft Zulieferindustrie hat die Kosten für einen anderen, aber teilweise vergleichbaren Fall berechnet: Nämlich einen Stromausfall von mehreren Sekunden in einem mittelständischen Betrieb. Der Schaden beläuft sich auf einen mittleren fünfstelligen Betrag. Hier könnten aber auch Maschinen und Werkzeuge beschädigt werden, weil das Herunterfahren unkontrolliert geschieht.
Ein kontrolliertes Herunter- und Hochfahren dürfte in einer Großproduktion wie den vier betroffenen BMW-Werken leicht einen mittleren sechsstelligen Betrag verschlingen.
3. Wie lange und wie viele Mitarbeiter müssen trotz Produktionsausfall voll entlohnt werden?
BMW erklärte bereits, dass die Arbeiter Überhänge auf ihren Zeitarbeitskonten nutzen, über den Ausfall zu kompensieren. Doch nicht jeder kann und will von heute auf morgen freimachen. Ab dem dritten Tag, so schätzen Experten, wird es für den Hersteller richtig teuer. Ob und wie weit z.B. auch Zwangsurlaube verhängt werden können, hängt von der Position des Betriebsrats ab. Der muss in jedem Fall zustimmen. Die Verhandlungen zwischen Unternehmen und Betriebsrat haben jedoch noch gar nicht begonnen.
4. Wie hoch sind die entgangenen Gewinne?
Diese dürften im Fall BWM gleich null sein. "Wegen der verzögerten Produktion wird jetzt nicht zwingend ein einziges Auto weniger verkauft", sagt Christian Vietmeyer vom Verband der Zulieferindustrie. Natürlich seien Verzögerungen bei der Auslieferung aus Hersteller- und Kundensicht ärgerlich, doch rechtliche Ansprüche oder gar einen Rücktritt vom Kauf, weil der Wagen später ausgeliefert wird, sei weder hierzulande noch in den USA oder China üblich.
Fazit: Kompensation kann BMW nur für Kosten fordern, die der Hersteller "bei ordnungsgemäßer Leistung" des Zulieferers - so heißt es im Juristendeutsch - nicht gehabt hätte. Das sind in erster Linie Kosten für das Herunter- und wieder Hochfahren der Produktionsanlagen und Personalkosten für Mitarbeiter, die nicht anderweitig sinnvoll beschäftigt werden können, solange die Bänder stehen. Im Fall Bosch könnte so ein mittlerer sechsstelliger aber auch ein niedriger einstelliger Millionenbetrag fällig werden.
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