Warum es den Meriva so nicht mehr geben wird

Rüsselsheim. Karl-Thomas Neumann ist sichtbar bester Laune an diesem Abend. Der Opel-Chef kann – wieder einmal – gute Unternehmenszahlen verkünden. In den ersten neun Monaten dieses Jahres liegt die Produktion um 44.000 Einheiten über dem Vorjahres-Niveau. „Wir erreichen die Million-Marke deutlich früher als 2015“, sagte Neumann auf einer Preview-Veranstaltung vergangene Woche in Rüsselsheim. Geladen waren COTY-Juroren (Car of the Year), denen der Opel-Boss nicht nur einen exklusiven Vorab-Blick auf die Produkte des nächsten Jahres gestattete, sondern auch eine Fahrt in Vorserienmodellen des neuen Insignia.

Als weitaus größere Überraschung entpuppte sich jedoch der Nachfolger des Meriva. Im B-Segment verlässt Opel die MPV-Klasse und setzt stattdessen auf die Autogattung CUV (Crossover Utility Vehicle). Der Name Meriva bleibt dabei auf der Strecke. Heißen wird das neue Fahrzeug Crossland X. Künftig will Opel in jedem relevanten Segment ein SUV- oder CUV-Modell mit angehängtem X anbieten, um diese deutlicher von den herkömmlichen Modellen abzusetzen. Der Mokka X machte dieses Jahr den Anfang.

Neumann betonte, dass in Deutschland CUVs schon bald einen Anteil von 20 Prozent haben werden. Angesprochen werden sollen jene Kunden, denen ein SUV zu maskulin und offroad-mäßig daherkommt. Der Crossland X zeigt verblüffende Ähnlichkeiten zum Opel Adam, zumindest, was die Dachpartie an der C-Säule betrifft. Auch für den Crossland X wird der Käufer verschiedene Dachfarben wählen können. Geplant ist ein ähnlicher Individualisierungsgrad wie beim Adam. Der Crossland X hat eine Länge von knapp 4,20 Meter. Die Basismotorisierung bildet ein 1,2-Liter-Dreizylinder-Turbobenziner. Allradantrieb gibt es nicht. Gebaut wird das Modell zusammen mit dem nächsten Peugeot 2008 – beide teilen sich die Plattform EMP2 des PSA-Konzerns – bei Opel im spanischen Saragossa. Die Markteinführung des Crossland X soll im Sommer sein.

Oberhalb des Mokka X platziert Opel im nächsten Herbst im C-Segment einen weiteren CUV. Die Premiere soll auf der IAA in Frankfurt sein, der Name noch diesen Dezember bekannt gegeben werden. Die Modell-Strategie verläuft hier allerdings nicht analog zum Crossland/Meriva. Opel behält die Produktion des heutigen Zafira bei, spricht damit Familien an, denen es vor allem auf Platz und Vielseitigkeit ankommt. Ein USP des Zafira ist gewiss dessen Siebensitzigkeit. Der C-CUV wird zusammen mit dem jüngst vorgestellten Peugeot 3008 bei PSA in Frankreich vom Band laufen. Beide Fahrzeuge wurden in vielen Bereichen gemeinsam entwickelt. Wie der Peugeot so wird damit auch der Opel keinen Allradantrieb erhalten. Schwierige Situationen soll eine – je nach Untergrund – einstellbare Antriebsschlupfregelung meistern.

„Ende nächsten Jahres wird Opel eine Marke mit einem völlig neuen Erscheinungsbild sein“, verspricht Konzernchef Neumann. Neben den beiden neuen CUV schicken die Rüsselsheimer im Frühsommer den Ampera-e an den Start. Den kleinen Fünfsitzer vermarktet Opel derzeit als „Reichweiten-Champion“ im Segment. Ampera-e-Projektleiter Ralf Hannappel fuhr den Stromer im September von London nach Paris zum Autosalon, eine Strecke von 417 Kilometern. „Das Display zeigte noch 83 Kilometer Restreichweite an“, sagt Hannappel. Nach dem WLTP-Realzyklus soll der Ampera-e immer noch stolze 380 Kilometer schaffen, gut doppelt so viel wie die jüngsten Updates vom BMW i3 und VW e-Golf.

Im Boden des Ampera-e steckt eine 60-kWh-Batterie mit einem Gewicht von 429 Kilogramm. Dadurch kommt der 4,17 Meter lange Fünftürer auf ein stolzes Gewicht von 1616 Kilogramm. Der BMW i3 wiegt über 300 Kilogramm weniger. Gegenüber dem Schwestermodell Chevrolet Bolt, das GM in den USA verkauft, wurde der Ampera-e deutlich fahraktiver abgestimmt, vor allem was die Lenkung angeht. Einen Preis nennt man in Rüsselheim derzeit noch nicht. Experten gehen jedoch davon aus, dass Opel aufgrund der großen Batterie mindestens 35.000 Euro aufrufen wird.

Um fast 10.000 Euro niedriger wird dagegen der Einstiegspreis des neuen Insignia liegen. Die zweite Generation debütiert im März auf dem Genfer Autosalon. Hier drehen sich Fünftürer und Kombi gleichzeitig. Die klassische Stufenhecklimousine entfällt. Ihr Anteil lag bei unter drei Prozent. Über 80 Prozent der Kunden wählten beim Vorgänger den Kombi Sports Tourer. In Linie mit dieser Namensgebung trägt der fünftürige Insignia künftig „Grand Sport“ am Wagenheck. Der auf Abenteuer getrimmte Country Tourer soll in der zweiten Jahreshälfte 2017 in den Markt gehen.

Der Insignia, obwohl auf 4,90 Meter gewachsen, zeigt sich deutlich sportlicher, übernimmt Design-Elemente der Monza-Studie und wirkt gegenüber dem Vorgänger flacher, breiter und eher wie ein viertüriges Coupé. Zudem ließ Designchef Mark Adams dem Modell recht scharfe Radien ins Blech pressen, die selbst Audi-Ansprüchen in nichts nachstehen dürften. Technisch basiert der Insignia auf der Epsilon E2-Plattform von General Motors und konnte laut Chefentwickler Werner Jöris rund 175 Kilogramm abspecken.

Ein neues Herz unter der Haube des Opel Flaggschiffs ist der 165 PS starke 1,5-Liter-Vierzylinder-Turbobenziner aus der SGE-Familie (Small Gasoline Engines). Ihn wird es als Einstiegsvariante auch mit 140 PS geben. Darüber rangiert der Zweiliter-Turbo mit 250 PS, der ausschließlich mit Allradantrieb und Achtgangautomatik angeboten wird. Auf ein Doppelkupplungsgetriebe verzichtet Opel nach wie vor. Ebenso auf einen Plug-in-Hybrid. Bei den Dieselmotoren bleibt die Spreizung zwischen 110 und 170 PS. Zu hören ist, dass Ende nächsten Jahres ein 240-PS-Biturbo-Diesel folgen soll. OPC-Kunden will Opel mit rund 400 PS befriedigen.

900.000 Exemplare liefen vom Insignia seit seinem Debüt 2008 von den Bändern, inklusive der Modelle der englischen Schwestermarke Vauxhall. In den USA und China wird der Insignia als Buick Regal verkauft. Ein Blick auf den vergangenen Monat bei den deutschen Neuzulassungen zeigt, wie der Insignia sich in der Mittelklasse behauptet. Platzhirsch VW Passat findet mehr als viermal so viele Kunden, Ford Mondeo fährt beim Absatz leicht hinterher, Skoda Superb vorweg.

Kritik mussten sich die Rüsselsheimer vor allem bei den Punkten Gewicht, Bedienung, Verbrauch und Platzangebot gefallen lassen. Vergleichstest in Fachzeitschriften konnte der Insignia selten für sich entscheiden. Vorstandschef Karl-Thomas Neumann: „Wir haben alle diese Punkte sorgfältig abgearbeitet.“