Porsche plant Hybridantrieb in jeder Baureihe

Stuttgart. Auf dem Weg zum angestrebten CO2-Flottenverbrauch von 216 Gramm pro Kilometer bis zum Jahr 2015 – 2004 waren es noch 307 Gramm pro Kilometer – setzt Porsche verstärkt auf den Hybridantrieb. Der bereits verfügbare Cayenne S Hybrid und der teilelektrische Supersportwagen 918 Spyder, der in drei bis vier Jahren in Kleinserie gehen soll, sind deshalb noch lange nicht alles, sagte Entwicklungsvorstand Wolfgang Dürheimer im Gespräch mit der Automobilwoche: "Wir werden künftig in jeder Baureihe Hybridantriebe haben.“ Nur die Starttermine ließ er offen.

Sicher ist bereits der Panamera Hybrid, der im nächsten Jahr mit der Cayenne-Technik kommen soll und dank des günstigeren cW-Wertes etwa doppelt so weit elektrisch fahren kann. "Fünf bis sechs Kilometer sollten wir schaffen“, präzisierte Heinz-Jakob Neußer, der in Weissach die Antriebsentwicklung leistet.

Danach kommt als erster Sportler unter Strom der 918, den es allerdings nur in kleinen Stückzahlen und für hohe Preise geben wird. "Dort wollen wir auch lernen, wie wir unsere Sportwagen aus der Großserie elektrifizieren können“, sagt Neußer, und stellte damit auch Hybridversionen von 911 sowie Boxster und Cayman in Aussicht. Das wird jedoch noch mindestens eine Modellgeneration dauern: "Der 918 Spyder wird unser erste Straßensportwagen mit Hybridantrieb“, stellt Dürheimer klar. Dieses Auto plant er mit unverminderter Vehemenz. Denn die Gerüchte über seinen Wechsel von Porsche zu Bentley und Bugatti werden sich zumindest kurzfristig nicht bestätigen, heißt es dazu in Stuttgart.

Hybriden nach heutigem Muster sind für Porsche nur ein Zwischenschritt. "Langfristig macht nur die Plug-In-Technik Sinn“, glaubt der Chef der Antriebsentwicklung. "20 bis 25 Kilometer Reichweite müssen schon sein, damit der Elektroantrieb wirklich etwas bringt.“ Dass solche Zahlen kein Hexenwerk sind, hat Neußer buchstäblich bereits erfahren: Denn in und um Weissach sind die Entwickler bereits mit einem entsprechenden Prototyp des Panamera unterwegs: "Der hat einen 80 kW starken Elektromotor und somit eine Reichweite, dass man morgens zur Arbeit und abends wieder heimfährt, ohne einmal den Verbrenner zu hören.“

Bei der Elektrifizierung ihrer Sportwagen profitieren die Schwaben auch von den Erfahrungen aus dem Rennbetrieb, wo nun bereits zum zweiten Mal der 911 GT3R Hybrid gestartet ist. Wo die anderen Hybriden mit ihrer heute noch aus Nickel-Metall-Hybrid und später aus Lithium-Ionen-Zellen gefertigten Batterie einen chemischen Energiespeicher nutzen, ist es hier ein mechanischer: Mit bis zu 36.000 Umdrehungen pro Minute speichert ein Schwungrad die Bremsenergie und gibt sie bei Bedarf über einen Generator an zwei Elektromotoren an der Vorderachse. Das verleiht dem Rennwagen spürbar mehr Schub beim Überholen. "Wir lernen hier viel über Regelstrategien und den schnellen Energiefluss“, sagt Neußer, erteilt dem Konzept für Serienfahrzeuge eine Abfuhr: "Auf der Straße geht es darum, möglichst viel Energie zu speichern. Auf der Rennstrecke geht es dagegen nicht um Menge, sondern um Geschwindigkeit.“ So schnell auf- und entladen wie den Schwungspeicher werde man eine Batterie vorerst nicht können. "Deshalb ist die Technik im GT3 R die erste Wahl. Aber für mehr als einen Zwischenspurt wird die Speicherkapazität nie reichen und hat darum auf der Straße keine Chance.“

Weil der Hybrid bei den Sportwagen noch lange auf sich warten lässt, müssen Carrera & Co anderweitig sparen: "Wir haben uns für jeden Generationswechsel eine Leistungssteigerung um 10 bis 15 Prozent vorgenommen und wollen den Verbrauch im gleichen Maß senken. Das gilt auch für die kommenden Modelle,“ sagt Dürheimer. Wie das gehen kann? "Indem wir an allen Stellschrauben drehen. Von den Nebenaggregaten über die Getriebe bis hin zu den Motoren.“ Die Ziel der Zylinder und die Größe des Hubraums ist dabei für Dürheimer kein unumstößliches Gesetz. "Wenn es die CO2-Vorgaben erfordern, werden unsere Motoren auch kleiner und haben dann vielleicht auch nur noch vier Zylinder.“ Wichtig sei nur, dass die Performance stimmt. "Ein Elfer muss immer die Spitze markieren“, sagt der Vorstand mit Blick auf Turbo und Direkteinspritzung, mit denen man auch einen Vierzylinder zum Sportwagenmotor machen kann. Entsprechende Vorbereitungen sind dafür schon getroffen: "Alle unsere Motoren sind so konstruiert, dass wir sie problemlos aufladen können“, bestätigt Neußer. Die Modellhierarchie, die bislang den Turbo immer als Spitze jeder Baureihe definiert hat, käme trotzdem nicht durcheinander: "Registeraufladung, Doppelturbo, variable Turbinengeometrie – es gibt genügend Technologien, mit denen wir die Turbos abstufen können.“

Eine weitere Stellschraube ist und bleibt das Gewicht der Fahrzeuge. "Unsere Mindestanforderung für einen Generationswechsel ist Gewichtskonstanz, und zwar bei Einhaltung aller neuen Sicherheits- und Komfortanforderungen“, sagt Dürheimer. Im Klartext heißt das: Die Grundkonstruktion muss jedes mal um zehn Prozent leichter werden, damit das neue Auto Ende nicht mehr wiegt als das alte. "Viel mehr ist dabei mit den aktuellen Technologien kaum zu erreichen“, räumt der Vorstand ein. Doch läuft auch bei Porsche die Entwicklung von Karbon-Karossen für Straßenfahrzeuge auf Hochtouren. Denn mit einem Monocoque aus Kohlefaser könne man tatsächlich wieder Gewichtssprünge von 50 Kilo und mehr machen. Allerdings werde es wohl noch fünf Jahre dauern, bis solche Bauteile schnell und preiswert genug für die Serienmodelle produziert werden können.

Von der Idee, die CO2-Ziele mit dem Bau von kleineren Autos zu erreichen, hält Dürheimer dagegen nichts. Zwar bestätigt er die Vorentwicklung eines kleinen Geländewagens mit dem Arbeitstitel "Cajun“, dem allerdings noch der Segen des Aufsichtsrates fehle. Doch geht es dabei um die Erschließung neuer Kundengruppen und die Steigerung der Absatzzahlen, und nicht um den Flottenverbrauch. "Dieses Thema müssen wir schon anders lösen“, sagt der Entwicklungsvorstand: "Denn wer Heizkosten sparen will, zieht deshalb ja auch nicht gleich in eine kleinere Wohnung.“