Kommentar: VW darf Bodenhaftung nicht verlieren

Wolfsburg. Ob beim informellen Zusammentreffen der VW-Führung mit Analysten und Medienschaffenden gestern Abend in Wolfsburg oder im Rahmen der offiziellen Jahrespresse- und Investorenkonferenz am heutigen Donnerstag (10. 3.) – die wichtigste Botschaft von Konzernchef Martin Winterkorn schwang in den Hintergrundgesprächen und Ausführungen stets mit: "Ja, VW ist erfolgreich, aber wir werden die Bodenhaftung nicht verlieren".

Man möchte es hoffen für den größten Automobilhersteller in Europa. Für jenes Unternehmen, das erklärtermaßen mit Vehemenz an die Spitze des Weltmarktes drängt. Mag der Pkw-Weltmarktanteil von VW im vergangenen Geschäftsjahr auf mehr als 11 Prozent angestiegen sein, mag das spanische Sorgenkind Seat auf dem Heimatmarkt "nach 31 Jahren die Marktführerschaft zurückerobert" haben (Winterkorn), mag nun gar die Kapitalrendite im Automobilbereich des Konzerns mit 13,5 Prozent "das Niveau der guten Geschäftsjahre 2007 und 2008 übertreffen", wie Finanzchef Hans Dieter Pötsch erklärte – VW ist und bleibt gut beraten, nicht abzuheben.

Da ist, zum einen, die unsichere wirtschaftliche Entwicklung auf bedeutsamen VW-Märkten, die zur Vorsicht mahnt. Wie schnell wird sich der russische Markt erholen? Läuft das Wachstum in China womöglich eines gar nicht so fernen Tages heiß? Und wie ist es um die konjunkturellen Aussichten in den USA bestellt, einer Region, in der VW laut Winterkorn-Manuskript "endlich wieder angreift"? In seiner Rede ließ Winterkorn das Wort "endlich" dann doch lieber entfallen.

Zum anderen schlafen die VW-Konkurrenten nicht. Die jüngsten Annoncen von Toyota, nach denen die Japaner schnell zu alter Stärke zurückfinden wollen, hätten VW nicht überrascht, sagte Winterkorn heute in Wolfsburg. Und der koreanische Rivale Hyundai, das räumen viele VW-Manager inzwischen unumwunden ein, holt mit großer Geschwindigkeit auf. Kein Zweifel also: Mit einer selbstbewussten und zugleich umsichtigen Geschäftspolitik wird VW seine ambitionierten Wachstumsziele durchaus erreichen können. Der Vorstand des Konzerns tut aber gut daran, die Risiken und Herausforderungen der nahen und mittelfristigen Zukunft immer wieder klar zu betonen. Intern wie extern. Hochmut kommt vor dem Fall, so der Volksmund. Die Volkswagen-Führung weiß darum. Schon daher wahrt sie die Bodenhaftung. Weiter so.