Kommentar: Bei Conti setzt Reitzle die richtigen Zeichen

Hamburg. Am Mittwochabend kamen gute Nachrichten aus Hannover. Bei Continental wurde eine Kapitalerhöhung beschlossen. 31 Millionen neue Aktien werden ausgegeben, der Bruttoemissionserlös liegt bei über eine Milliarde Euro. Das frische Geld wird Conti dazu nutzen, einen bald fälligen Kredit zu bedienen. Die Fäden im Hintergrund zog Wolfgang Reitzle, der Vorstandsvorsitzende von Linde und neuer Chef des Conti-Aufsichtsrats.

Dass renommierte Finanzinstitute wie die Deutsche Bank, Goldman Sachs und J.P. Morgan Securities sich bei Continental unterstützend engagieren, lässt für die Zukunft des nach der Übernahme von Siemens VDO hoch verschuldeten Konzerns aus Hannover hoffen. Zumal die Querelen mit Großaktionär Schaeffler zwar noch lange nicht ausgestanden sind, sich zuletzt aber beruhigt hatten. Und in diesen trüben Zeiten ist eine Refinanzierung der nun anstehenden Größenordnung auch für Unternehmen von Weltruf wie Continental ja alles andere als ein leichtes Unterfangen.

Elmar Degenhart hat recht, wenn er nun das "große Vertrauen der beteiligten Banken in unser Unternehmen und seine Zukunftsperspektiven" rühmt. Und der Conti-Vorstandschef ist gut beraten, "auf der jetzt gelegten Basis", wie er verspricht, "mit den passenden Instrumenten der Finanzmärkte die Laufzeiten unserer Verbindlichkeiten zu optimieren".

Degenhart sollte sich dabei allerdings stets des unbedingten Rückhalts durch Wolfgang Reitzle versichern. Der neue Vorsitzende des Continental-Aufsichtsrats hat mit dem jüngst von ihm und seinem Ratskollegium gebilligten Beschluss zur Kapitalerhöhung seine Unabhängigkeit unter Beweis gestellt. Und seinen großen Einfluss in der Finanz- und Wirtschaftswelt. Conti-Großaktionär Schaeffler hatte sich lange gegen die Kapitalerhöhung gesträubt, da eine Verwässerung des eigenen Anteils droht. Für Reitzle aber steht das Wohl des Conti-Konzerns im Vordergrund. Bei der Verlautbarung der Kapitalerhöhung hielt sich Reitzle öffentlich zurück. Der wahre Kenner genießt eben im Stillen. Ein erster Triumph im neuen Zusatzamt ist dem Linde-Lenker allemal gelungen. Auch das ist eine gute Nachricht aus Hannover.