Detroit. „Meine persönliche Präferenz? Ich verbringe viel Zeit in Europa, in Nordamerika, ab und zu bin ich in Brasilien. Ich lebe im Flugzeug. Da brauche ich keine Postadresse.“ Fragen nach dem künftigen Sitz des neuen Autokonzerns, der aus der Fusion von Fiat mit Chrysler entsteht, wehrt Sergio Marchionne ab. Das Hauptquartier könne überall sein, so der Fiat-Chef. Nicht mal der Name des neuen Unternehmens steht fest: „Chrysler und Fiat werden darin vorkommen“, nur so viel verrät er bei einer Presskonferenz auf der Auto-Show in Detroit.
Sergio Marchionne hat es geschafft: Mit der Übernahme der restlichen Chrysler-Anteile durch Fiat ist die Fusion beider Unternehmensteile in trockenen Tüchern und der italo-kanadische Manager am Ziel. Der Konzern spielt in der Fünf-Millionen-Liga. Ohne dieses Mindest-Volumen kann ein Autohersteller nach Marchionnes Überzeugung nicht überleben. Fiat und Chrysler formen gemeinsam den siebtgrößten Autokonzern der Welt. Die Details wie Name und Sitz können andere klären.
Fiat will die Übernahme von Chrysler bis 20. Januar abgeschlossen haben. Den fehlenden Anteil von 41,5 Prozent übernimmt Fiat vom Pensionsfonds der Automobilarbeitergewerkschaft (Veba) für 4,35 Milliarden Dollar. Einen Teil des Kaufpreises zahlt Fiat aus den Barreserven von Chrysler. Ein Vorgehen, dass in den USA Zweifel säht, ob der Deal der amerikanischen Seite des Konzerns genauso nutzt wir der italienischen. „Der Cash-Flow, der seit dem Einstieg von Fiat 2009 bei Chrysler aufgelaufen ist, gehört der gesamten Gruppe“, verteidigt Marchionne das Vorgehen, das an die Finanzierungstrick von Hedgefonds erinnert.
Marchionne bemüht sich deshalb, bei jeder Gelegenheit die Vorteile zu betonen, die auch Chrysler aus der Übernahme erwachsen. Beispiel Brasilien: Fiat ermögliche der Chrysler-Marke Jeep den Zugang zu dem südamerikanischen Markt, so der Firmenchef. Dort betreibt Fiat ein „modernes, effizientes Werk“, wo schon bald ein Jeep-Modell vom Band laufen soll. Auf der anderen Seite ist erst durch Chrysler für die Fiat-Marke Alfa Romeo der Wiedereinstieg in den US-Markt möglich.
Für Fiat und Europa hingegen sieht es weitet trübe aus. Marchionne hält an dem Ziel fest, Mitte des Jahrzehnts aus der Verlustzone zu kommen. Doch während die Chrysler-Werke in den USA durchgehend im Drei-Schicht-Betrieb arbeiten, laufen die Fiat-Werke in Italien nicht mal auf halber Kraft. Und mit dem Rückzug von Lancia aus allen europäischen Märkten außerhalb Italiens ist ein weiterer Baustein des Europageschäfts weggebrochen. Unter dem Namen Lancia hatte Fiat versucht, Chrysler-Modelle in Europa abzusetzen. Die Kunden waren nicht begeistert. Die Modelle werden nun schrittweise aus dem schwachen europäischen Markt genommen. Indirekt macht Marchionne damit erneut klar, wir dringend Fiat Chrysler und den US-Markt braucht.