Luxemburg/Stuttgart/Hannover. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) wird das fast 50 Jahre alte VW-Gesetz voraussichtlich kippen. Nach Ansicht des einflussreichen Gerichtsgutachters Damazo Ruiz-Jarabo Colomer verstößt der Sonderschutz für VW gegen EU-Recht.
Das höchste EU-Gericht wird in einigen Monaten urteilen. VW-Hauptaktionär Porsche, die EU-Kommission als Klägerin sowie Aktionärsschützer begrüßten am Dienstag die glasklare Luxemburger Vorentscheidung. Kritik gab es von der VW-Belegschaft, die um ihre Jobs fürchtet. Die Bundesregierung und das Land Niedersachsen halten die Regelung zur Verhinderung feindlicher Übernahmen in Wolfsburg weiterhin für EU-konform.
Der Generalanwalt des Gerichts sieht den freien Kapitalverkehr in der EU behindert. Er stellte sich eindeutig hinter die EU-Kommission, die vor zwei Jahren gegen die Bundesregierung geklagt hatte. Ruiz-Jarabo griff insbesondere das Endsenderecht vom Bund und Land Niedersachsen in den VW-Aufsichtsrat an. Das verschrecke potenzielle Investoren.
Der Gutachter griff zudem die Regel an, wonach kein Aktionär in Wolfsburg über mehr als 20 Prozent der Stimmrechte bei der Hauptversammlung verfügen darf, selbst wenn er mehr Aktien besitzt. Das stärke die Stellung der öffentlichen Anteilseigner bei VW. Die Bundesregierung verfolge "zu weite und wirklichkeitsferne Argumentation", schrieb er in ungewohnter Deutlichkeit. Das Gericht ist zwar nicht an die Stellungnahme des Generalanwalts gebunden, folgt dieser aber häufig. Der EuGH kann zwar nationale Gesetze nicht aufheben, aber Mitgliedstaaten auffordern, sie abzuschaffen.
Der Stuttgarter Sportwagenbauer Porsche begrüßte das Votum: "Das bestätigt unsere Haltung zum VW-Gesetz", sagte ein Porsche-Sprecher in Stuttgart. "Wir gehen davon aus, dass sich das Gericht der Position des Generalanwaltes anschließen wird." Auf die Frage, ob Porsche jetzt seinen Anteil an Volkswagen von 27,4 Prozent auf knapp 30 Prozent aufstocken werde, sagte der Sprecher, das könne derzeit nicht bestätigt werden. Er bekräftigte hingegen, dass Porsche eine dritten Posten im VW-Aufsichtsrat anstrebe. Porsche hatte sich in den vergangenen Monaten hinter die EU-Kommission gestellt. Das Land Niedersachsen hält einen Anteil von 20,8 Prozent.
Im Xetra-Handel legte die VW-Aktie zu. Ein Händler sagte, sollte das Gesetz wirklich
fallen, wäre das gut für die Aktie.