Debakel bei Toyota als Menetekel für VW

Wolfsburg. Die Rückrufaktionen bei Toyota haben den VW-Konzern in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt. Europas größter Autobauer will das japanische Unternehmen bis 2018 als weltweit führenden Fahrzeugproduzenten ablösen. "Mit jeder neuen Hiobsbotschaft von Toyota nimmt im VW-Topmanagement die Sorge zu, eines Tages vor ähnlich schlimmen Nöten stehen zu können“, sagt ein Wolfsburger Insider. "Toyota ist schnell gewachsen, vielleicht zu schnell.“ Dies gelte es bei VW "künftig unbedingt“ zu vermeiden.

"Vor uns liegen große Herausforderungen. Und Volkswagen legt ein enormes Tempo vor“, hat VW-Chef Martin Winterkorn vor Führungskräften bereits eingeräumt. "Die Bodenhaftung verlieren wir dabei nicht.“ Winterkorns Begründung: "Weil wir sehr genau wissen, dass Erfolg kein Selbstläufer ist, sondern immer wieder aufs Neue erarbeitet werden muss.“ Eine Schüsselrolle kommt VW-Produktionsvorstand Jochem Heizmann zu. "Mit einer besseren Ausplanung der Prozesse und stärkerer Fachkompetenz sollen Anläufe zukünftig sicher ins Ziel gebracht werden“, kündigte er intern an. Die Prüfung von Zulieferern, etwa in Schwellenmärkten wie Indien und China, will Heizmann verschärfen: "Dafür wird zusätzliches Personal vor Ort bereitgestellt.

Indessen beurteilen VW-Führungskräfte den Umgang der US-Behörden mit Toyota auch als Protektionismus: Wenn der US-Verkehrsminister dazu aufrufe, keine Toyotas mehr zu fahren, weil in wenigen Fahrzeugen das Gaspedal klemmt, sei das "höchst fragwürdig“, so ein Manager, der nicht genannt werden will. Der Toyota-Rückruf von Millionen von Autos wegen klemmender Gaspedale hatte eine drastische Reaktion der US-Politik ausgelöst. Toyota-Chef Akio Toyoda wird am 24. Februar vor einem US-Kongressausschuss erscheinen.

Auch durch den Erfolg von asiatischen Herstellern wie Toyota sind die US-Autobauer in eine Existenzkrise geraten. General Motors musste verstaatlicht werden. VW baut in den USA eine eigene Produktion auf und will dort künftig massiv Marktanteile erobern. "Wir fürchten, dass man uns bei erster Gelegenheit das Gleiche antut“, so der VW-Insider. VW muss deshalb ähnliche Qualitätsprobleme wie die von Toyota unbedingt vermeiden. VW sollte dies zum Anlass nehmen, die eigenen Wachstumsziele kritisch zu durchleuchten, erklärt Willi Diez, Leiter des Geislinger Instituts für Automobilwirtschaft. "Für jedes Unternehmen gibt es Grenzen des Wachstums“, so der Auto-Professor. "Schon die zeitlichen Ressourcen der Führungskräfte sind eng limitiert“. VW-Konzernlenker Martin Winterkorn sei daher gut beraten, "die Strategie 2018 als Chefsache voranzutreiben, aber die Umsetzung wo immer möglich dezentral gestalten zu lassen“ (Diez).

Qualitätsprobleme ŕ la Toyota fürchtet VW vor allem mit Blick auf die geplante Lokalisierung der Produktion in Brasilien, Russland, Indien und China. Vor VW-Führungskräften hat Produktionsvorstand Jochem Heizmann bereits angekündigt, den "weltweiten Wissenstransfer, der über alle Werke sichergestellt wird“, zu forcieren. Eine "neu eingeführte Know-how-Drehscheibe“ soll den "Wissensaustausch in Richtung der Standorte“ fördern.

"Für manche Bauteile sind Technologien lokal nicht verfügbar, einigen nominierten Lieferanten fehlen die technischen Prozess-Kompetenzen, um In-Ordnung-Teile zu produzieren“, gibt Heizmann zu bedenken. "Und andere Lieferanten liefern ordentliche Musterteile, sind bei den Produktionsprozessen aber noch weit vom Serienstandard entfernt“. Sein Fazit: "Diese Herausforderungen kann das Unternehmen nur meistern, indem es Lieferanten genauer auf ihre technischen Prozess-Kompetenzen hin prüft, zum `Volkswagen-Lieferant´ aufqualifiziert und deren Entwicklungs- und Produktionsfähigkeit bis zum Start of production und darüber hinaus intensiv begleitet“. Die beanstandeten Gaspedale hatte Toyota von einem kanadischen Zulieferer bezogen.