Herr Arndt, BMW will bis 2016 mehr als zwei Millionen Fahrzeuge absetzen. Können Sie dieses Volumen mit Ihrem aktuellen Produktionsnetzwerk noch stemmen?
Mit Hilfe der geplanten Kapazitätserweiterungen, unter anderem an unseren Werksstandorten in den USA, in Südafrika und China, werden wir in 2016 bis zu zwei Millionen Einheiten produzieren können. In China haben wir im Werk Dadong die Kapazität bereits auf bis zu 100.000 Einheiten erhöht. In unserem neuen, zweiten Werk in Tiexi läuft gerade die Produktion an, Ende des Jahres wird die Kapazität dort ebenfalls 100.000 Einheiten betragen. Bei Bedarf könnten wir gemeinsam mit unserem Joint-Venture-Partner bis Ende 2013 die Kapazität noch mal um rund 100.000 steigern, so dass wir ab 2014 dann insgesamt 300.000 Einheiten in China fertigen könnten. Gleichzeitig bauen wir unsere Jahreskapazität in Spartanburg (USA) mittelfristig auf 350.000 Fahrzeuge aus und die Fertigung in unserem Werk in Südafrika werden wir von 50.000 auf bis zu 90.000 Einheiten erweitern.
Geht diese Expansion zu Lasten des Standortes Deutschland?
Nein, im Gegenteil: In 2011 haben wir erstmals in der Geschichte unseres Unternehmens mehr als eine Million Fahrzeuge in Deutschland gebaut. Auch 2012 werden wir hier mehr als eine Million Autos fertigen – unter anderem, weil wir von einer weiterhin hohen Nachfrage nach den hier produzierten Einser- und Dreier-Modellen sowie nach den großen Baureihen aus Dingolfing ausgehen. Zugleich wird auch ein deutliches Wachstum im Ausland stattfinden, aber das kommt "on top“ zu der Produktion in Deutschland.
2011 waren Ihre Werke schon zu mehr als 100 Prozent ausgelastet. Welche Zahl erwarten Sie für 2012?
Im vergangenen Jahr betrug unsere Produktionsauslastung exakt 118 Prozent, wenn man die Harbour-Berichtswerte – das heißt zwei Acht-Stunden-Schichten pro Tag, an 235 Tagen, beziehungweise 47 Wochen im Jahr – als Berechnungsgrundlage nimmt. Da wir für 2012 mit neuen Bestwerten beim Absatz unserer drei Marken rechnen, werden wir entsprechend auch unsere Auslastung in der Produktion weiter steigern.
Sie prüfen Standort-Möglichkeiten in den BRIKT-Märkten (Basilien, Russland, Indien, Südkorea und Türkei). Wie sehen Ihre aktuellen Pläne aus?
In Brasilien sind wir mit den dortigen Behörden im Gespräch über den Aufbau einer lokalen Produktion. Und auch in Russland führen wir intensive Gespräche über die Erweiterung unserer Produktion. Unsere Kapazität in Indien haben wir bereits von 3000 auf 11.000 Einheiten ausgebaut, die wir kurzfristig sogar noch weiter erhöhen könnten. In Korea und der Türkei haben wir derzeit keine Pläne für eine lokale Produktion.
Ihre Wachstumsstrategie "Number one" reicht bis ins Jahr 2020. Wie viele Werke werden Sie bis dahin haben?
Wie viele Werke es bis dahin genau sein werden, hängt davon ab, wie gut unsere Produkte von den Kunden angenommen werden. Ich denke aber, dass wir bei einer weiteren Fortsetzung unserer Wachstumsstrategie bis zum Jahr 2020 unser Produktionsnetzwerk um ein weiteres Vollwerk erweitern müssten.
Wird das Werk in Deutschland stehen?
Wir verfolgen konsequent die Strategie, dass die Produktion dem Markt folgt. Und da wir hierzulande bereits auf genügend Produktionskapazitäten zurückgreifen können, ist die Wahrscheinlichkeit für einen zusätzlichen Auslandsstandort deutlich höher.
Wo werden künftig die Fahrzeuge der Unteren Klasse (UKL) gebaut, die auf der neuen Frontantriebs-Architektur basieren?
Wir haben ein Werk, das sich ausschließlich auf UKL-Fahrzeuge konzentriert, auf die Marke Mini, das ist Oxford. Wir haben bereits angekündigt, dass Leipzig ein UKL-Standort sein wird. Diese beiden Standorte werden aber mittelfristig nicht ausreichen. Im Sinne unserer Netzwerkstrategie, die Weltmodelle und Ausgleichsmodelle einplant, wird es noch eine weitere UKL-Fabrik geben. Wo sie sein wird, hängt letztendlich von zahlreichen Faktoren im Gesamtportfolio ab, das wir dann zu bedienen haben.
Ist die Kapazität des Werks in Oxford nicht bereits ausgereizt?
Schauen Sie sich die aktuelle Situation an: Wir haben mit dem Produktionspartner Magna Steyr erfolgreich zusätzliche Kapazitäten für uns erschlossen, dort können heute bis zu 100.000 Countryman pro Jahr gefertigt werden. Diese Art der Zusammenarbeit könnte man ja auch als langfristiges Modell betrachten. Und in unserem Mini-Werk in Oxford sehe ich noch Wachstumsmöglichkeiten: Mit den entsprechenden Maßnahmen traue ich dem Standort mittelfristig eine Kapazität von bis zu 300.000 Einheiten zu. (Foto: BMW)