BMW reduziert nach den WLTP-Verwerfungen im Sommer die Produktion und will die Preise stabil halten. Das sagt BMW-Finanzchef Nicolas Peter im Automobilwoche-Interview.
Herr Peter, BMW klagt über Marktverwerfungen in Europa wegen des WLTP. Im August wurden die Märkte mit Autos geflutet. Müssen Sie jetzt in die Rabattschlacht ziehen?
Wir beteiligen uns nicht daran. Bei den Gesamtzulassungen für August gab es teils Ausschläge von 40 oder 50 Prozent. Solch
aggressive Maßnahmen werden Sie von uns nicht sehen. Ich kann mich nicht erinnern, dass wir jemals so eine Volatilität im Markt gesehen haben.Wie reagieren Sie darauf, dass die Preise so stark unter Druck sind?
Wir reduzieren die Produktion im unteren fünfstelligen Bereich, nehmen also Volumen heraus. Hier zeigt sich, wie wichtig unsere Flexibilität in der Produktion ist.
Wo nehmen Sie Volumen heraus?
Die Situation ist europaweit ähnlich. Nehmen Sie Italien, nehmen Sie Frankreich, Deutschland, Spanien. Überall gilt ja die gleiche WLTP-Regulatorik. Und in Großbritannien sehen wir steigende Unsicherheit, je näher der Brexit-Termin rückt.
Stichwort Brexit: Es gibt keine Anzeichen für einen Deal. BMW wäre mit seinen Standorten auf der Insel besonders betroffen.
Wir bereiten uns auf alles vor, auch auf den Worst Case. Bei einem harten Brexit rechnen wir ab April 2019 mit erheblichen Verzögerungen an den Grenzen. Die BMW Group hat in beide Richtungen erhebliche Warenströme.
Können Sie vorbeugen?
Wir produzieren gerade kritische Teile vor und lagern sie auf der jeweiligen Seite des Kanals. Dafür haben wir Logistikflächen an den Grenzen angemietet. Wir haben sogar ein Flugzeug gechartert, das eine große Menge Güter schnell herüberbringen kann, falls nötig. Zudem nehmen unsere Beschäftigten im Werk Oxford ihre Ferien schon im April 2019 direkt nach dem EU-Austritt statt wie üblich im August.
BMW-Chef Harald Krüger spricht von einer Lose-lose-Situation. Gibt es keine Gewinner beim Brexit?
Höchstens diejenigen, die am Kanal Logistikflächen vermieten. Aber im Ernst: Die Frage, wie sie 2016 gestellt worden ist – leave or remain –, war zu einfach gestellt. Es gibt einen umfassenden Beipackzettel, den nicht jeder gelesen hat.
Wie sehr setzen BMW die Handelskonflikte zu?
Die Einfuhrzölle auf US-Produkte in China sind für uns kritisch, weil wir viele X-Modelle aus den USA nach China exportieren. Nach unseren Berechnungen kostet uns das 2018 einen Betrag von etwas unter 300 Millionen Euro. Wenn die Zölle auch 2019 bestehen bleiben, könnte das einen Gesamtjahreseffekt von einer halben Milliarde Euro bedeuten.
Gleichzeitig stemmen Sie immense Investitionen in Zukunftstechnologien. Was bedeutet das für Sie als Finanzchef?
So eine Gemengelage schärft den Blick für das Wesentliche. Genau so, als wenn Sie auf See segeln und eine Schlechtwetterfront vor sich haben. Dann werden Sie aufmerksamer. Sie wollen das Boot sicher da durchbringen. Das heißt, wir sind fokussierter.
Aber Potenzial für mehr Effizienz werden Sie doch heben wollen?
Das ist bei uns ein ständiger Prozess. Nach Jahren des Wachstums müssen wir immer wieder überprüfen, ob wir noch schlank genug aufgestellt sind. Mit Blick auf die Digitalisierung schauen wir uns unsere Strukturen genau an. Müssen wir zum Beispiel in jedem Markt die gleiche komplette Organisationsstruktur haben oder kann man bestimmte Backoffice-Aufgaben besser zentral bündeln? Zum Beispiel mit Servicecentern? Die Digitalisierung, alles was sie leisten kann, können wir uns noch stärker zunutze machen.
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