Herr Fröhlich, es muss für Sie eine Genugtuung gewesen sein, dass BMW im KBA-Bericht ordentlich abgeschnitten hat. In der Presse stand: „Alle außer BMW von Diesel-Affäre betroffen.“
Das Ergebnis war wichtig für unser Diesel-Team. Es zeigt, dass wirsauber und nachhaltig arbeiten. Genau das ist durch das KBA und auch durch das britische Department for Transport bestätigt worden.
Was lernt die Industrie aus dem Diesel-Desaster?
Dass es nicht bloß darum geht, ein Gesetz im definierten Umfang, sondern auch seinem Sinn nach zu erfüllen. Alle Hersteller müssen sich das Vertrauen durch ihr Handeln wieder erarbeiten. Daher ist das Ergebnis für BMW kein wirklicher Grund zum Feiern.Bedeuten die künftigen strengeren Emissionsregeln für BMW Mehrkosten bei den Motoren?
Das wird unweigerlich so kommen. Ich erwarte, dass wir in Summe deutlich über 1000 Euro zusätzlich ins Auto investieren werden.Wird die Summe den Kunden aufgebürdet?
Diese Kosten können wir nicht einfach weiterreichen, das ist in diesem hochkompetitiven Markt nicht durchsetzbar. Der Kunde macht das nicht mit: Hinter den Emissionsregeln steckt kein direkter Kundennutzen. Die Total Cost of Ownership ist die wichtigste Kalkulation eines deutschen Kunden. Da gibt es eine Dissonanz zwischen der öffentlichen Meinung und dem tatsächlichen Verhalten der Kunden.Wenn Sie das als Premiumhersteller nicht können, wie machen es dann Volumenhersteller?
Das sollten Sie die Kollegen fragen. Ich denke, das Thema müsste die Basishersteller noch schwerer treffen. Wir als BMW sind in der glücklichen Lage, mit emotionalen und wertigen Produkten ein Preispremium erzielen zu können.Wie wollen Sie Elektroautos profitabel verkaufen. Genauso?
Das wär's (lacht). Nein, bei der E-Mobilität reden wir über ganz andere Herausforderungen und Aufgaben.Hilft Ihnen die E-Auto-Kaufprämie?
Wir nehmen gegenüber konventionellen Autos schon heute eine Reduktion des Deckungsbeitrags in Kauf. Das heißt, wir fördern schon massiv. Und jetzt beteiligen wir uns auch an der neuen Förderung zu 50 Prozent und werden trotzdem zum Teil noch kritisiert.Was braucht ein E-Auto, damit es in der Gesellschaft akzeptiert wird?
Erstens müssen wir als Industrie die Kosten senken. Derzeit müssen wir noch massiv in Vorleistung gehen. Zweitens darf E-Mobilität nicht Verzicht oder Einschränkung bedeuten. Elektroautos müssen emotional sein und Fahrspaß vermitteln.Ihre i-Modelle sehen anders aus als Ihre Verbrenner. Halten Sie an der eigenwilligen Optik fest?
Wir wollen Elektroautos auf der Straße erkennbar machen. Die Menschen müssen Elektromobilität sehen können. Nur dann hat sie auch die Chance, Normalität zu werden.Ab wann fühlen Sie sich mit Ihrer Flotte für die E-Mobilität wirklich gut aufgestellt?
Wir hatten ursprünglich für 2020 eine Marktdurchdringung von zehn Prozent antizipiert. Auch um unsere CO2-Ziele zu erreichen. Diese Penetration erreichen wir im Augenblick aber noch nicht. Wir müssen also weiter an unserer Strategie arbeiten, und dabei sind Plug-in-Hybride integraler Bestandteil.Kunden haben so ihre Probleme mit den Restwerten von Plug-ins. Wer kauft ein Auto, das als „Brückentechnologie“ angeboten wird?
Ich würde eher von einem Allrounder als von Brückentechnologie sprechen. Bis die reinen E-Autos wirklich großflächig im Markt vertreten sind, vergeht noch viel Zeit – weit über die Lebensdauer unserer Plug-ins hinaus.Welchen Stellenwert hat China für Sie bei der Elektromobilität?
China wird Leitmarkt für die E-Mobilität. Wenn der Regulator in Städte wie Peking oder Schanghai nur noch reine E-Autos hineinlässt, kann man eine enorme Nachfrage erwarten.Dafür brauchen Sie aber genügend Autos im Portfolio, die darauf ausgelegt sind.
China fördert ja nur die lokale Produktion. Wir werden also in unserer lokalen Produktion zusätzlich Plug-in-Hybride und E-Fahrzeuge in Serie bringen. Unterm Strich werden wir 2020 weltweit auf eine zweistellige Verfügbarkeit von Plug-in-Hybridmodellen kommen.Ist Elektromobilität auch der Treiber für das autonome Fahren?
Meines Erachtens eher nicht. Es gibt zwei Treiber: Der eine ist das Kundenbedürfnis, nicht immer selbst fahren zu wollen. Denken Sie nur an die Stausituationen oder die Parkplatzsuche in Großstädten. Der zweite Treiber sind neue Business-Modelle. Vor allem branchenfremde Firmen benötigen das autonome Fahren, um ihre Geschäftsmodelle zu optimieren. Darum ist es auch nicht überraschend, dass Google, Lyft und Uber in den USA eine entsprechende Regulierung vorantreiben.Wann wird das autonome Fahren bei BMW in der Serie ankommen?
Auf der Autobahn können wir relativ einfach autonom fahren. Zudem gibt es Städte, in denen nur wenige Fußgänger unterwegs sind, etwa in den USA. Wir warten also nicht, bis alle Regulatoren weltweit die Produkthaftung und die gleichen ethischen Maßstäbe geklärt haben. Es wird also regional beginnen. Aber es stimmt auch: Bis wir Großstädte wirklich durchdringen, vergehen noch viele Jahre. Darum wird BMW die Technologie Stück für Stück ausrollen.Was bedeutet das für BMW?
Ich habe meine Organisation im April entsprechend ausgerichtet. Das Thema Elektronik wird deutlich gestärkt. Es bedarf einer Software-Standardisierung, immer mehr findet in Zukunft im Backend statt. Und ich habe ein „Schnellboot“ aufgesetzt: eine Organisation, die die Befähigung zum vollautonomen Fahren in kürzester Zeit auf die Beine stellen soll.Was brauchen Sie zum autonomen Fahren?
Es fängt mit der hochgenauen Karte an – deshalb der Erwerb von Here. Zudem brauchen wir im Fahrzeug einen Sensor-Cluster. Die Umgebung muss zentimetergenau erfasst werden. Dafür gibt es heute noch keine Sensoren. Aktuell gibt es Lidar-Sensoren, die oben auf dem Dach der Autos kreisen und mehrere Tausend Euro kosten. Da haben wir noch viel Entwicklungsbedarf.Aber man darf doch skeptisch sein, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen bald Realität werden?
Das ist eher eine deutsche Diskussion. Hier wird man noch länger diese Güterabwägung diskutieren. Wir Deutschen denken so: Wenn das autonome Auto merkt, dass ein Unfall unvermeidbar ist, muss es eine ethisch korrekte Entscheidung treffen. In anderen Weltregionen sagt man: Wenn eine neue Technologie wesentlich mehr Menschenleben rettet, als sie gefährdet, wird sie gefördert.Welche Konsequenzen hat das?
Wir Deutschen dürfen nicht die Zeit verstreichen lassen, bis in Amerika, China und Japan schon längst wesentliche Punkte umgesetzt werden. Das Ergebnis wäre, dass Deutschland und Europa dann nur noch einen Stand der Technik übernehmen könnten, der andernorts gesetzt wäre.