Die beiden Schaeffler-Gesellschafter Maria-Elisabeth Schaeffler-Thumann und Sohn Georg ziehen zum Jubiläum Bilanz. Am 15. Juli jährt sich Schaefflers Offerte für den Zulieferer Continental zum zehnten Mal. „Der Weg war offensichtlich schwieriger als gedacht, aber die Entscheidung hat sich als richtig erwiesen“, sagt Georg Schaeffler im Interview mit der Automobilwoche. Am 21. August 2008 erzielten beide Unternehmen nach langem Tauziehen eine Einigung. Am Ziel war Schaeffler im Januar 2009, als die Übernahme durch war und der kleinere Zulieferer nun 49,9 Prozent der Conti-Aktien hielt. Doch Schaeffler zahlte in den Wirren der Wirtschafts- und Finanzkrise einen hohen Preis. Heute sagt Eignerin Schaeffler-Thumann: „Dieses Durchhaltevermögen haben uns einige nicht zugetraut.“
Herr Schaeffler, zehn Jahre nach dem Einstieg bei Continental – würden Sie wieder so vorgehen?
Schaeffler: Ein klares Ja. Unser Ziel, ein starker Anker-Investor bei Continental zu werden und damit unser Portfolio zu verbreitern, haben wir erreicht. Der Weg war offensichtlich schwieriger als gedacht, aber die Entscheidung hat sich als richtig erwiesen.
Auf was sind Sie beim Continental-Einstieg besonders stolz?
Schaeffler-Thumann: Wir haben den wohlüberlegten Schritt unseres Einstiegs bei Continental trotz erheblicher und widriger Umstände konsequent umgesetzt und uns nicht beirren lassen. Dieses Durchhaltevermögen haben uns einige nicht zugetraut. Das ist heute aber kein Thema mehr.
Es gab aber viel Medienschelte. Welche Kritik an der Conti-Beteiligung hat Sie besonders getroffen?
Schaeffler: Unser Ziel war eine strategische Beteiligung an Continental, nie eine Übernahme. Als wegen der Unsicherheit durch die Lehman-Pleite die Annahmequote plötzlich und nicht vorhersehbar auf über 90 Prozent stieg, hat man uns vorgeworfen, Spieler zu sein. Tatsachen spielten keine Rolle mehr, sondern persönliche und verletzende Kritik stand im Vordergrund. Dabei wurde insbesondere mit meiner Mutter teilweise sehr unfair umgegangen. Inzwischen wollen viele an ihre damaligen Aussagen nicht mehr erinnert werden. Wir haben daraus viel gelernt.
Sie halten heute 46 Prozent an Conti. Wollen Sie das ändern?
Schaeffler: Nein. Wir fühlen uns mit dieser Beteiligung sehr wohl. Es gibt keine Veranlassung, daran etwas zu ändern. Continental hat einen Schwerpunkt im Bereich Elektronik, während Schaeffler ein Champion in der Mechanik ist. Für fundamentale Veränderungen der Automobilindustrie in Richtung sauberer, sicherer und intelligenter sind wir in diesen beiden Feldern jetzt hervorragend aufgestellt.
Warum ist es nie zu einer Fusion mit Continental gekommen?
Schaeffler-Thumann: Unser Angebot war ja auf eine strategische Beteiligung ausgelegt. Die Fusionsspekulationen waren das Produkt der überbordenden Fantasie von Marktbeobachtern, nachdem uns über 90 Prozent der Aktien angedient worden waren.
Auf welchen Gebieten könnten Sie sich in Zukunft eine engere Zusammenarbeit zwischen den beiden Unternehmen vorstellen?Schaeffler: Continental hat sich hervorragend entwickelt, was sich auch im Börsenwert niederschlägt. Schaeffler geht konsequent den Weg zu einem Mobilitätsunternehmen und arbeitet erfolgreich an der Wende im Industriegeschäft. Die „Mobilität für morgen“ wird künftig zu einer noch engeren Verzahnung zwischen Elektronik und Mechanik führen. Wo eine Kooperation oder auch gemeinsame Projekte für beide Seiten eine Win-win-Situation bringen, werden sie sicher gemacht werden. Das ist aber vornehmlich die Aufgabe der jeweiligen Vorstände. Eine Vertrauensbasis zwischen Schaeffler und Continental ist da nur von Vorteil.
Schaeffler ist nun selbst börsennotiert. Hat sich dadurch der Geist des Unternehmens verändert?
Schaeffler: Der Börsengang war natürlich ein wichtiger Meilenstein in der Geschichte unseres Unternehmens. Wir haben heute eine transparente Governance und einen starken, mitbestimmten Aufsichtsrat und sehen den Kapitalmarkt als wichtigen Gesprächspartner. Der grundsätzliche Geist unseres Unternehmens ist aber unverändert. Wir denken langfristig und arbeiten auf der Basis der Werte unserer Gründer.
Was ist Ihnen als Unternehmer besonders wichtig?
Schaeffler-Thumann: Schaeffler war immer schon ein Familienunternehmen mit einer besonderen Kultur. Diese Kultur manifestiert sich in unseren Werten langfristig, innovativ, exzellent und leidenschaftlich. Diese Werte prägen uns und sind das Fundament, auf dem die Schaeffler-Gruppe seit mehr als 70 Jahren steht. Dies zu erhalten ist uns besonders wichtig.
Und wie lautet Ihre Vision von Schaeffler in zehn Jahren?Schaeffler: Die Schaeffler AG sollauch in zehn Jahren ein führender, global aufgestellter und integrierter Automobil- und Industriezulieferer sein. Vor allem müssen im Mittelpunkt all unseres Handelns die Kunden und Innovationen stehen. Wichtig ist für mich auch, weiter ein verlässlicher und attraktiver Arbeitgeber zu bleiben. Vision und Mission stehen, es geht um die dauerhafte und konkrete Umsetzung. Daran wird die Unternehmensführung gemessen.
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