Stuttgart. In rund drei Jahren werden die ersten Pkw und Lkw mit einer global einheitlichen Softwarearchitektur auf den Markt kommen. Diese dürfte künftig von praktisch allen Herstellern und Zulieferern in ihren Lastenheften verbindlich vorgeschrieben werden. "Wir werden mit Autosar einen weltweiten, offenen Standard für die Basissoftware im Fahrzeug und die gesamte Softwarearchitektur bekommen. So etwas haben viele Initiativen vorher nicht geschafft", sagt Autosar-Sprecher Jürgen Mössinger, der beim Zulieferer Robert Bosch im Bereich Automotive Systems Integration arbeitet.
Nachdem seit Februar mit dem Release 3.0 ein umfangreiches Paket an Spezifikationen für die Serienentwicklung vorhanden ist, rechnet Mössinger "bereits um das Jahr 2011" mit den ersten Fahrzeugen, die den Weltstandard nahezu vollständig nutzen. "Das wesentliche Ziel von Autosar ist es, die Komplexität bei der Software zu reduzieren und dadurch die Integrationskosten deutlich zu senken", erklärt der 45-Jährige.
Die Einsparpotenziale sind gewaltig und sollen künftig noch zunehmen. So werden laut BMW bis zu 40 Prozent der Herstellkosten eines Fahrzeugs durch die Elektronik beziehungsweise die Software bestimmt. Bei der Entwicklung eines Steuergeräts entfallen 50 bis 70 Prozent den Münchnern zufolge auf die Software. Nach einer Prognose der Unternehmensberatung McKinsey wird der Elektronikanteil im Fahrzeug bis 2015 auf 40 Prozent steigen, während er vor vier Jahren noch bei 20 Prozent lag. Oliver Wyman prognostiziert eine Zunahme des Wertanteils der Fahrzeugsoftware von 4,5 Prozent im Jahr 2000 auf 13 Prozent im Jahr 2010.
Autosar stellt vereinfacht gesagt die Basis-Software ähnlich wie bei einem PC und entkoppelt darüber hinaus die Hardware von der Software. Während früher jede Anwendung nur auf einem bestimmten Steuergerät lief, kann diese nun zwischen Hersteller und Zulieferer ausgetauscht und auch bei verschiedenen Fahrzeugplattformen eingesetzt werden. Aufgrund des modularen Aufbaus können die Applikationen der Autosar-Software sogar in Billig-Fahrzeugen wie dem Tata Nano Verwendung finden. Außerdem ermöglichen einheitliche Schnittstellen durch die Verknüpfung von Informationen neue Anwendungsmöglichkeiten.
Wettbewerb bleibt erhalten
"Damit können sich die Unternehmen auf die Entwicklung von wettbewerbsrelevanten Funktionen wie Sicherheits- und Komfortfeatures konzentrieren", so Mössinger. Dies sei angesichts des Ingenieurmangels und der knappen Ressourcen ein wichtiger Aspekt. Derzeit arbeiten insgesamt 100 Vollzeit-Entwickler an den Autosar-Standards. Sie werden hauptsächlich von den neun Kernmitgliedern BMW, Daimler, VW, General Motors, Ford, PSA, Toyota und den Zulieferern Bosch und Continental abgestellt und finanziert. Dazu kommen 52 Premium-Mitglieder, die die Entwicklung personell unterstützen. "Wir diskutieren im Moment, wie man Autosar neu aufstellen kann. Dabei gibt es verschiedene Optionen", so Mössinger. Eine Entscheidung soll bis zum Frühjahr 2009 fallen. Außerdem überlegen die Mitglieder, wie Autosar Steuergeräte mit Mehrkern-Prozessoren einbindet und die Fortschreibung des Standards vornimmt. In seiner Amtßeit als Sprecher, die bis Ende September dauert, will der Bosch-Manager in den USA und Japan vor allem bei kleineren und mittleren Unternehmen verstärkt Werbung für die Initiative machen.