Es gibt gute Argumente für halb voll: Der Absatz von VW ist relativ stabil, die Marke ist dabei, ihre Ertragskraft zu stärken, für die nächsten Jahre ist eine beeindruckende Modelloffensive geplant. Und mit dem neuen Zukunftspakt sowie der Strategie 2025 hat VW endlich einen konkreten Plan vorgelegt.
Aber das Glas ist gleichwohl halb leer: Der Konflikt des Konzerns um manipulierte Autos ist weiter ungelöst, viele Gerichtsverfahren sind anhängig. Wie hoch die Summen am Ende sein werden, ist unklar. Die angekündigte Offensive der Deutschen in den USA ist angesichts der „America-first“-Politik Trumps mutig. Und der radikale Schwenk zur E-Mobilität wird die Marge der Marke zunächst unter Druck setzen (hohe Kosten, unsicherer Absatz). Dass VW bis 2025 hier tatsächlich Weltmarktführer werden kann, ist – Stand heute – Wunschdenken, denn das wollen andere auch – und die Konkurrenz hat Vorsprung.
Krisen können Wendepunkte sein. Das Wort krísis meint, sich von etwas zu trennen. Das muss VW: sich von der alten Kultur trennen, vom alten Konzerndenken, von den Spielregeln ŕ la Piech und Winterkorn. Das klappte zuletzt noch nicht immer. VW agierte 2016 teils wie ein Konzern, der das vergangene Jahrhundert noch nicht loslassen will. Die Arroganz muss VW ablegen.
Insofern hat – so paradox das klingt – der Dieselskandal noch sein Gutes. Er hat wie ein Beschleuniger gewirkt. Der Druck zum Umbruch kam von außen. Jetzt muss er von VW gelebt werden.