München. Die Fahrzeughersteller fordern von der Politik technologieneutrale Rahmenbedingungen, um die CO2-Ziele erreichen zu können. "Schwierigkeiten bereiten uns immer regional stark unterschiedliche Vorschriften und Regelungen. Sie lenken vom eigentlichen großen Ziel der Verbrauchsreduzierung ab und verhindern somit Synergien in der Lösungsfindung. Wünschenswert – und ich denke, das sehen die Kollegen anderer Hersteller auch so – sind klare langfristige Regelungen, die möglichst einheitlich in allen Regionen gelten“, erklärt beispielsweise Heinz Hollerweger, Leiter Entwicklung Gesamtfahrzeug bei Audi. Auch bei Porsche hofft man auf günstige Rahmenbedingungen, "denn es ist klar, dass dieses Ziel nur mit einem erheblichen Anteil von alternativen Antrieben erreichbar sein wird.“
"Obwohl batterieelektrische Fahrzeuge verschiedenster Hersteller weltweit zum Verkauf angeboten werden, sind die Verkaufszahlen ernüchternd, insbesondere im Angesicht der Erwartungen, die die Politik formuliert hat“, heißt es bei Opel. Die wesentlichen Gründe für die Kaufzurückhaltung bei Elektrofahrzeugen sieht der Autobauer in den hohen Anschaffungskosten für E-Autos und der fehlenden Infrastruktur für die Aufladung. Die aktuelle Förderung von Elektrofahrzeugen durch die deutsche Politik mit einer zehnjährigen Steuerbefreiung sei nicht ausreichend, vor allem verglichen mit den Fördermechanismen anderer EU-Staaten.Verzicht auf kurzfristige Prämien
Bei Opel plädiert man daher sowohl für direkte finanzielle Anreize zur Kompensation des hohen Anschaffungspreises als auch für weiche Faktoren wie Sonderparkplätze in Städten für Elektrofahrzeuge oder die Möglichkeit Bus- und Taxispuren nutzen zu können. Zum Aufbau eines Wasserstofftankstellennetzes für Brennstoffzellenautos seien entsprechende politische Vorgaben und Anreizsysteme zielführend, um im ersten Schritt eine flächendeckende Wasserstoffbetankung sicherstellen zu können.
Um den erheblichen Mehrkosten pro Fahrzeug zu begegnen, "sollten die EU und nationale Gesetzgebungen zu technischen Anforderungen an zukünftige Fahrzeuge mit wirtschaftlicher Machbarkeit synchronisiert sein“, so die Rüsselsheimer. Ziele und Umsetzungsfristen für CO2-Reduktionsziele müssen darauf abgestimmt sein, dass für Hersteller und Kunden die dafür erforderlichen möglichen technischen Lösungen bezahlbar sind. Andernfalls würden signifikante Mengen dieser neuen Fahrzeuge nur mit erheblichen finanziellen Subventionen der öffentlichen Hand in den Markt kommen können, prognostiziert Opel.Auch der koreanische Fahrzeughersteller Kia fordert Verlässlichkeit von Seiten der Politik ein. Da die grundlegenden Entscheidungen für die Architektur der künftigen Fahrzeuge Jahre vor der Produkteinführung fallen, "ist besonders eine Verlässlichkeit und Langfristigkeit der Politik von zentraler Bedeutung“. Das betreffe zum Beispiel die gesetzgeberischen Vorgaben im Hinblick auf Emissionen – CO2 ebenso, wie mögliche Schadstoffe – aber auch eine verlässliche Strategie zum Einsatz alternativer Kraftstoffe. "Hier agiert der Fahrzeughersteller nicht allein, sondern benötigt eine funktionierende Infrastruktur“, konstatiert der Autobauer.Auch BMW formuliert hier Erwartungen an die Politik. "Um bis 2020 auf die für BMW vorgeschriebenen 101 Gramm in der EU zu kommen, brauchen wir einen funktionierenden Markt für E-Mobilität.“ Da sich aus CO2-Sicht eine Einführung von Elektrofahrzeugen bis 2019 nicht lohne, da die Zielwerte auf konventionellem Wege erreicht werden können, wäre ein möglichst starker Anreiz, sie früh auf den Markt zu bringen, extrem hilfreich.
Dieses Instrument wären die sogenannten Super-Credits in der CO2-Gesetzgebung für 2020. Gemeint ist damit eine Mehrfachanrechnung besonders effizienter Autos auf den Flottendurchschnitt eines Herstellers. Multiplikatoren für E-Fahrzeuge können möglichst vor 2014 (spätestens ab 2016) an gesammelt werden, "um sie im extrem angespannten Jahr 2020 und folgende einsetzen zu können“. Damit würden die hohen Investments der Fahrzeughersteller in einem frühen Stadium belohnt, ohne den Steuerzahler finanziell zu belasten, argumentieren die Münchner. Die diskutierte Zielaufweichung in 2020 würde überkompensiert durch die vermiedenen CO2-Emissionen der früh angeschafften E-Fahrzeuge, die jeweils ein konventionelles Fahrzeug ersetzen, so die Münchner.Und es würde auch der Beitrag honoriert werden, den sie jenseits der direkt gesparten Emissionen auf der Straße für ein nachhaltiges Energiesystem leisten – etwa als Speicher für erneuerbare Energien. Ähnliche Incentives gebe es auch in anderen Ländern und Kontinenten, zum Beispiel in den USA.Bezogen auf die Elektromobilität heißt es bei den Münchnern: "Nur wenn Verbraucher wissen, worauf sie sich langfristig verlassen können – zum Beispiel bei der Besteuerung – und wenn die Industrie weiß, woran sie ist – zum Beispiel bei den künftigen CO2-Zielen – können wir sicher planen.
Um die Elektromobilität voran zu bringen "brauchen wir in Zukunft nachhaltige, langfristig belastbare Entscheidungen und keine Lösungen nach dem Vorbild der Abwrackprämie – also keinen Wettbewerb um kurzfristige Prämien für Kunden“, so eine Forderung der Münchner. Es sei eine saubere Analyse der E-Mobilität "unter realen Nutzungsbedingungen vor der Definition von weiteren politischen Maßnahmen zur Incentivierung der E-Mobilität nötig“.Die weltweiten Mini E und BMW Active E Projekte von BMW "gemeinsam mit Energieversorgern, Wissenschaft und Politik haben bereits und werden auch zukünftig weitere Erkenntnisse liefern“, so die Münchner. Der Autobauer fordert "eine Abstimmung zwischen staatlichen Anreizinstrumenten und Maßnahmen der beteiligten Industrie, beispielsweise Tarifgestaltung der Energiewirtschaft und gesetzlichen Maßnahmen im Bereich erneuerbare Energien“. "Der faire Wettbewerb zwischen unterschiedlichen Antriebslösungen für unterschiedliche Nutzungszwecke muss gewährleistet werden – keine einseitige Förderung“, so eine weitere Forderung der Bayern.Insgesamt halte man steuerliche Anreize generell nur in der "Anfangsphase der Markteinführung von Elektroautos für notwendig“. Als marktwirtschaftlich orientiertes Unternehmen erwartet BMW aber "keine langfristige staatliche Förderung“. "Der Infrastrukturaufbau und die Standardisierung öffentlicher Ladesäulen und Abrechnungssysteme sind eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg der Elektromobilität“, so BMW.
Und zum Thema Wasserstoff heißt es bei den Bayern: "Da das Ausrollen einer neuen Antriebstechnologie ein komplexes Zusammenspiel zwischen Automobilherstellern, der Mineralölindustrie und der Verfügbarkeit der Infrastruktur bedeutet, wären grundsätzlich eine klare Richtungsanweisung, die Unterstützung von Standardisierung und der Aufbau von getesteter und standardisierter Infrastruktur hilfreich.“Man solle in Europa "nicht immer gleich nach der Politik rufen, um durch irgendwelche staatliche Interventionen den Markt zu lenken. Wir können auch nicht auf Subventionen beziehungsweise Kaufanreize setzen, die ohnehin nicht nachhaltig einen Markt erhalten können“, erklärt Andreas Ostendorf, Vizepräsident von Ford Europa und dort unter anderem zuständig für das Thema Nachhaltigkeit.Er plädiert stattdessen wie viele seiner Kollegen bei den Fahrzeugherstellern für europaweit gültige Rahmenbedingungen und Technologieneutralität. Als positives Beispiel dafür nennt Ostendorf die Regelung des CO2-Flottengrenzwertes. Und ergänzt: "Wir würden uns wünschen, dass dies auch für andere Aspekte wie zum Beispiel die steuerlichen Rahmenbedingungen oder das CO2-Labeling gälte.“
Gleichzeitig sollten die Rahmenbedingungen jedoch absolut technologieneutral sein und nicht Sonderbedingungen für Technologien beinhalten "die am grünen Tisch am Markt vorbei bevorzugt werden.“ Zudem sollte der Grenzwert auch so gesetzt werden, dass nicht zwingend eine Technologie neu eingeführt werden muss. "Wir haben in der Vergangenheit gesehen, dass auch die Politik öfter mit ihrer Einschätzung daneben lag, welche Technologien oder welcher Kraftstoff das Rennen machen solle – nur um dann später zu erkennen, dass es doch ungeahnte Nachteile gibt – sei es im Umweltbereich, sei es bei der Kundenakzeptanz. Bis diese Erkenntnis dann wieder beim Gesetzgeber angekommen ist, wurde von der Industrie Geld investiert, das anderswo mehr Umweltnutzen erbracht hätte. Da sind wir Marktteilnehmer schneller“, so Ostendorf.Um das ausgegebene CO2-Ziel von 95 g/km zu erreichen, hält es Herbert Kohler, Vizepräsident Konzernforschung und Nachhaltigkeit bei Daimler, für sinnvoll, die Zielerreichung durch sinnvolle Elemente in der Gesetzgebung zu unterstützen. Daher seine Forderung: "Die bereits im Kommissionsvorschlag enthaltenen Anreiz für den Einsatz emissionsarmer Technologien, so wie die Anrechnung von Ökoinnovationen müssen daher entsprechend weiterentwickelt werden.“
Hyundai-Europachef Allan Rushforth sieht sich im Plan, "die kommenden gesetzlichen Anforderungen zum CO2-Austoß in Europa zu erfüllen. Wir sind davon überzeugt, die durchschnittlichen CO2-Werte von 130 g/km bis 2015 und von 95 g/km bis 2020 zu erreichen.Und auch der französische Autokonzern PSA fordert von der Politik Planungssicherheit für die Industrie, um die CO2-Vorgaben mit einer entsprechenden Vorlaufzeit umsetzen zu können.