München. Durch die Führungsetagen der Zulieferer geht ein kollektives Aufatmen. Der konjunkturelle Rückenwind des ersten Halbjahrs hat die Existenzsorgen weggeblasen und neue Zuversicht entstehen lassen. Das gilt zumindest für die Unternehmen, die sich durch vorausschauenden Kapazitätsabbau und radikale Kostensenkungen in wettbewerbsfähige Form gebracht haben. "Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht“, so Grammer-Chef Hartmut Müller. Wie kaum ein anderer Zulieferer hat sich der Hersteller von Innenraumkomponenten und Sitzen frühzeitig auf eine mehrjährige Durstrecke eingestellt. Insgesamt wurden mit 2600 Stellen ein Viertel der Arbeitsplätze gestrichen. Nun kann Grammer wieder die Zielmarge von fünf Prozent ins Visier nehmen. "Wir ernten jetzt im Automobilgeschäft die Früchte der tiefgreifenden Restrukturierung des letzten Jahres“, sagt Rheinmetall- Chef Klaus Eberhardt.
Das Halbjahresfazit des Autozuliefer- und Rüstungskonzerns kann stellvertretend für viele Unternehmen der deutschen Zulieferbranche stehen. Dass auch die internationale Konkurrenz an Wettbewerbsfähigkeit gewonnen hat, zeigen die Tabellen mit den Konzernzahlen aller Sparten. Der französische Zulieferer Valeo etwa hat in den ersten sechs Monaten eine Umsatzmarge von 6,1 Prozent erzielt – den höchsten Wert in den vergangenen zehn Jahren. "Wir haben in der Krise das Break-even-Niveau langfristig gesenkt“, sagt Valeo- Chef Jacques Aschenbroich. Sogar der PSA-eigene Zulieferer Faurecia kehrte im ersten Halbjahr nach fünf Jahren erstmals wieder auf Nettoebene in die schwarzen Zahlen zurück. Dass trotz der positiven Entwicklung die Folgen der Krise noch längst nicht ausgestanden sind, zeigt das Beispiel des Kabel- und Bordnetzspezialisten Leoni: In diesem Jahr soll der Umsatz um bis zu 25 Prozent und im Jahr 2011 noch einmal um zehn Prozent wachsen. Dann kämen die Nürnberger mit 2,9 Milliarden Euro zwar fast wieder auf das Vorkrisenniveau, doch ursprünglich waren für das Jahr 2010 3,6 Milliarden Euro Umsatz geplant. Während die einen offensichtlich gestärkt aus der Krise hervorgehen, sind die Perspektiven bei manchen Konsolidierungsfällen noch unklar.
Zwar sehen sich sowohl Continental als auch Schaeffler wieder operativ auf Kurs. Die angestrebte Integration des börsennotierten Unternehmens Conti in den Familienkonzern Schaeffler stockt aber. Andere Zulieferer wiederum haben viel an Substanz verloren und nur durch die massive Unterstützung durch Hersteller, Banken oder sogar Staatssubventionen überlebt. Solchen Betrieben spült die Konjunkturwelle das nächste Problem ins Haus. "Je stärker und schneller die wirtschaftliche Erholung, desto höher das Insolvenzrisiko für bereits geschwächte Zulieferer“, so Siegfried Frick, Geschäftsführer Deloitte & Touche Corporate Finance mit Blick auf die steigenden Kreditzinsen. In den kommenden Jahren dürfte sich nach Ansicht vieler Experten der Kosten- und Expansionsdruck weiter verschärfen. Damit bleibt den Zulieferern kaum Zeit zum Atemholen.