München. Bislang erreicht die Werkstatt- und Fachmarktkette Auto-Teile-Unger (ATU) vor allem Besitzer älterer Gebrauchtwagen. Durch ein neues Kompetenzzentrum in Stuttgart soll es ab diesem Jahr gelingen, auch Neuwagenfahrer in die Werkstätten zu locken. Automobilwoche sprach mit ATU-Chef Karsten Engel über die Unternehmenspläne für 2007.
Herr Engel, die Konkurrenz für ATU wird immer größer. Weil das Geschäft mit Pneus unter Wetterschwankungen leidet, ist die Reifenkette Point S mit ihren 750 Filialen ins Servicegeschäft eingestiegen. Gerät ATU dadurch unter Druck?
Jeden Wettbewerber muss man ernst nehmen. Aber man muss auch sehen, was die Mitarbeiter können - und was nicht. Ein etablierter Reifenhändler hat Mitarbeiter, die bei Reifen sehr kompetent sind. Aber es stellt sich die Frage, ob sie auch reparieren und Ersatzeile verkaufen können.
Sind Fast-Fit-Serviceketten wie Minute von Renault oder Stop+ Go von Volkswagen die größere Herausforderung?
Solche Systeme lassen uns keine grauen Haare wachsen. Wer auch immer als neuer Wettbewerber kommt - wir nehmen die Herausforderung gerne an.
Die Autobauer machen es ATU zusätzlich schwer, weil sie mit Mobilitätspaketen die Fahrzeuge auch nach der Garantiezeit in ihre Werkstätten bekommen. Was setzt ATU dagegen?
Das sind so wenige Fahrzeuge, dass wir es nicht als Gefahr sehen. Zumal sich die Hersteller jetzt zwar stärker um ältere Fahrzeuge bemühen, wir aber dank der Gruppenfreistellungsordnung auch Neuwagen reparieren können. Unser Kernbereich sind zwar noch Fahrzeuge über drei Jahren, aber das ändert sich zusehends.
ATU wird also mit den Herstellern um den Service für die Neuwagen konkurrieren?
Ja, darauf werden wir uns stärker konzentrieren. Zusammen mit Sixt Leasing beispielsweise bieten wir schon All-inclusive-Pakete an, die unabhängig vom Alter der Fahrzeuge sind. Wir gehen an die Neuwagen ran, die Hersteller an die älteren Fahrzeuge. Und dann schauen wir, wie es sich entwickelt.
Sind bei ATU Technik und Mitarbeiter den steigenden Anforderungen gewachsen?
13.500 Mitarbeiter, von denen 6000 Mechaniker sind, immer auf dem neuesten technischen Stand zu halten, ist in der Tat das Schwierigste daran. Dafür investieren wir sehr viel Geld. Denn wenn freie Werkstätten die Investitionen in ihre Mitarbeiter und die Technik scheuen, haben sie auf dem Markt keine Chance mehr.
Wie bereiten Sie sich auf die Reparatur jüngerer Fahrzeuge vor?
Wir werden in der zweiten Jahreshälfte ein Kompetenzzentrum für Elektrik und Elektronik in Stuttgart eröffnen. Diese Filiale soll sich besonders um moderne Motoren-Einspritztechnik kümmern. Das wird zwar den Umsatz nicht unbedingt stark anwachsen lassen, aber es ist eine qualitative Stärkung des Unternehmens. Damit führen wir ATU zu einer Professionalität, die ihresgleichen sucht.
Sind noch weitere neue Geschäftsfelder geplant?
Die wesentliche Aufgabe für uns ist, ATU unabhängiger von Saisonverlauf und Wetter zu machen. Momentan entwickelt sich der Bereich Autoglas sehr gut, aber langfristig wird vor allem das Flottengeschäft an Bedeutung gewinnen. In den Flotten gibt es zehn Millionen Fahrzeuge, die wir heute noch nicht erreichen. Wir werden künftig auch die Aufbereitung für Leasingrückläufer übernehmen, sozusagen als Weiterentwicklung unseres Smart-Repair-Angebots. Und Gebrauchtwagenfahrern werden wir noch in diesem Jahr einen Wartungsvertrag anbieten.
Sie haben bis 2013 eine Expansion von heute 587 Filialen in fünf Ländern auf dann 1000 Filialen in sieben Ländern angekündigt. Wie wird ATU am Ende dieses Ausbaus aufgestellt sein?
Von den 1000 Filialen werden etwa 200 im Ausland sein. Nachdem wir zu Jahresbeginn die erste Filiale in Italien eröffnet haben, werden wir Mitte des Jahres mit einem Betrieb nahe Zürich den Schweizer Markt betreten. Dann fehlt uns noch ein Land. Gerade Osteuropa, und hier vor allem Polen, sind interessant. Aber wir glauben, dass der polnische Markt noch nicht reif ist. Auch in Deutschland haben wir die Sättigungsgrenze noch nicht erreicht.
Das Interview führte Matthias Karpstein.