München. Der Kies knirscht unter den Reifen der schweren BMW-Limousinen, die acht Spitzenmanager im November 2007 zu einem geheimen Treffen in der Nähe von München bringen. Das Team unter der Führung von Ulrich Kranz soll nichts weniger als die Zukunft des Premiumherstellers planen. Klar ist den Mitgliedern des exklusiven Zirkels zu diesem Zeitpunkt schon eins: Die schweren Karossen, in denen sie zum Meeting fahren, sind es nicht. Die Zukunft muss leicht sein. Es ist das Gründungsmeeting eines Thinktanks – dem Project i. Ein wichtiges Ergebnis des Brainstormings rollt im kommenden Jahr auf den Markt: ein elektrisches Citycar. Für BMW bricht 2013 das i-Zeitalter an. Im Februar 2011 verkündeten die Münchner den Namen einer neuen Öko-Submarke – BMW i.
Der Hersteller Apple, der mit iPod, iPhone und iPad die Infotainment-Branche revolutionierte, ist offenbar Vorbild. BMW-Chef Norbert Reithofer schiebt eine Revolution im Fahrzeugbau an. Unter dem i-Label schickt er ein emissionsfreies Auto auf die Straße, das nicht mehr auf einer Stahl- und Aluminiumkarosse, sondern auf einer erheblich leichteren, aber teureren Carbonkarosserie basiert – der i3. Wie der Kompaktwagen aussehen soll, der optional mit Range Extender angeboten wird, zeigt das Unternehmen Ende November mit einer seriennahen Version auf der Auto Show in Los Angeles. Marktstart des E-Modells ist im November 2013, erfuhr Automobilwoche aus Händlerkreisen. Ab Juni dürfen die Vertriebspartner mit dem Preis werben, der bei rund 40.000 Euro liegen soll. Das Elektromobil ist nur der Beginn der i-Revolution.BMW plant eine komplette Leichtbau-Familie. 2014 folgt der Sportwagen i8 mit Plug-in-Hybrid. "BMW i3 und i8 werden technisch absolute Spitzenklasse sein“, verkündet Reithofer. Unter großem Trommelwirbel will er die Serienmodelle i3 und i8 im September 2013 auf der IAA präsentieren. Je leichter das Auto, desto geringer der Verbrauch und umso höher der Fahrspaß. Aber zu welchem Preis? Die Kosten des Carbon- Einsatzes in der Serie sind ein gut gehütetes Konzern-Geheimnis. Analyst Jürgen Pieper vom Bankhaus Metzler geht davon aus, dass BMW in das gesamte Project i bislang rund zwei Milliarden Euro investiert hat. "Ob sich die Pionierrolle auszahlt, kann heute keiner sagen.“ Es bleibe abzuwarten, ob nicht günstigere Werkstoffe im Automobilbau das Rennen machen. "Aber wenn sich die Carbonfaser durchsetzt, ist BMW der King.“ Das finanzielle Risiko sei "überschaubar“. Nach Einschätzung des Analysten hat BMW 1,0 bis 1,5 Milliarden Euro der Investitionen schon wieder abgeschrieben. Rechnen werde sich das i-Vorhaben frühestens 2020. "Erheblich schlimmer als der finanzielle Verlust wäre der Imageschaden, sollte das Vorhaben misslingen“, sagt Pieper. BMW gibt sich siegessicher, mit den Elektroautos eine neue, jüngere Zielgruppe anzusprechen – die Generation iPhone.Eine Million Fans verfolgen das i-Vorhaben auf Facebook. "Eine fundamentale Neuerfindung des Autobauers“, urteilt Christoph Stürmer vom Marktforschungsunternehmen IHS Automotive. BMW habe sich als Technologieführer und Leichtbauvorreiter positioniert. Stürmers Prognose zufolge werden im BMW-Werk Leipzig im ersten vollen Produktionsjahr 2014 rund 30.000 i3 vom Band laufen. "Wir gehen davon aus, dass der i3 mit optionalem Range Extender bis zu 50 Prozent des Volumens ausmachen kann.“ BMWs Ansatz umfasst nicht nur Technik und Produktion. Der Hersteller geht auch beim Vertrieb neue Wege. Der i3 ist das erste BMW-Fahrzeug, das im Internet verkauft wird. Der Weg zum Händler sei "altbacken“, sagt Stürmer von IHS. "Ich halte es für wichtig, den Online-Vertrieb – zunächst in der Nische – für den Normalkunden zur Verfügung zu stellen.“ Der Web-Handel ist Teil eines groß angelegten Vertriebsprogramms, das auf verschiedene Absatzkanäle setzt. Trotz des Direktvertriebs bleiben die Händler im Spiel. Ausgesuchte Partner, in Deutschland sind es 46‑, sollen die Elektroautos zusätzlich zu den Marken BMW und Mini anbieten.BMW-Händlersprecher Werner Entenmann rechnet "mit Investitionen für Vertrieb und Service in Höhe von 100.000 Euro pro i-Händler“. Mit welcher Summe sich der Hersteller beteiligt, werde derzeit noch diskutiert. Getreu dem Vorbild Apple eröffnete BMW im Juli dieses Jahres in London den ersten i-Store, weitere sollen folgen. Mit den Elektroautos möchte der Hersteller moderne Städter ansprechen und wendet sich direkt an sie. So will er i-Berater zu Interessenten nach Hause schicken. Sie können online oder mithilfe eines erweiterten Callcenter-Angebots einen Vertrag abschließen. Wer kein Auto erwerben möchte, aber gelegentlich eines benötigt, für den haben die mittlerweile 300 Mitarbeiter im Project i eine andere Lösung parat – DriveNow. Unter diesem Namen führten BMW und Mini gemeinsam mit dem Autovermieter Sixt im Juni 2011 ein Carsharing-Konzept ein. Allerdings hatte bei diesem Thema Wettbewerber Daimler die Nase vorn, der die Idee mit Car2go schon früher umsetzte. BMW bietet DriveNow in München, Berlin, Düsseldorf, Köln und San Francisco an. Nutzer können dort via Smartphone das nächstgeparkte Auto reservieren. Die Expansion in internationalen Metropolen ist in vollem Gang.Parallel investiert die Beteiligungsgesellschaft BMW i Ventures in vielversprechende Mobilitätskonzepte junger Unternehmer. So in den Online-Marktplatz ParkatmyHouse, der in Großstädten Großbritanniens Parkplatzbesitzer und -suchende zusammenführt. Auch mit den Erfindern der App Embark arbeitet BMW zusammen. Diese App informiert über Ankunftszeiten und Verspätungen von Zügen und Bussen in Großbritannien und den USA. Das Umsteigen auf ö entliche Verkehrsmittel gilt als wichtiger Bestandteil des BMW-Mobilitätskonzepts – auch der Wechsel auf das neue i-Bike. Ob auch BMWs Spitzenmanager ihre schweren Karossen gegen das Öko-Rad eintauschen, muss die Zukunft zeigen.Mobilität für die Generation i
Der Kies knirscht unter den Reifen der schweren BMW-Limousinen, die acht Spitzenmanager im November 2007 zu einem geheimen Treffen in der Nähe von München bringen. Das Team unter der Führung von Ulrich Kranz soll nichts weniger als die Zukunft des Premiumherstellers planen. Klar ist den Mitgliedern des exklusiven Zirkels zu diesem Zeitpunkt schon eins: Die schweren Karossen, in denen sie zum Meeting fahren, sind es nicht. Die Zukunft muss leicht sein.