München. Nachdem Kardinal Joseph Ratzinger den Heiligen Stuhl bestiegen hatte, fand sein VW Golf für 188.938 Euro im Internet einen neuen Besitzer. Gut ein Jahr später blieb das deutlich attraktivere VW Käfer Cabrio von Jürgen Klinsmann wie Blei in den digitalen Regalen von Ebay liegen. Das Höchstgebot betrug gerade mal 24.850 Euro -- obwohl sein früherer Fahrer gerade ganz Fussball-Deutschland begeistert hatte.
Ladenhüter im Online-Einkaufsparadies
Selbst bei Fahrzeugen prominenter Vorbesitzer scheint der Vertriebsweg Internet nicht immer zu funktionieren. Die Erwartungen des freien Autohandels konnte er ebenfalls nicht erfüllen. In ihrer Studie Cars Online 2000 hatte die Unternehmensberatung Capgemini noch untersucht, wie viele Internetnutzer ihr Auto über das Datennetz bestellen. Gerade einmal 0,7 Prozent waren es damals, und selbst diese niedrige Zahl müsse man "im Lichte des E-Business-Hype" betrachten, sagt Christian Hummel von Capgemini. Damals habe man den Einkaufsprozess "noch grober erfasst", weshalb die Zahl eher zu hoch als zu niedrig sei. Mittlerweile betrachtet die Cars-Online-Studie das Internet nur noch als ein Informationsmedium für den Autohandel.
"Die Bedeutung des Internets im Stückzahlvolumen und im Ergebnis ist sogar zurückgegangen", sagt Frank Döhring, Vorstand der Motena AG. Im Jahr 2004 konnten über die Internetseite "motena.de" noch 1200 Gebrauchtwagen verkauft werden, für das laufende Jahr erwartet Döhring nur 400 Verkäufe. Die grossen Autobörsen wie Mobile.de, AutoScout24 und Autobild.de sind für freie Händler wie Motena eine starke Konkurrenz. "Um mit ihnen konkurrieren zu können, wäre ein hoher Werbeaufwand nötig", sagt Christian Näfken, Brandmanager von Motena.
Dabei ist Motena als Unternehmen der Wellergruppe kein Leichtgewicht im Internethandel. Im vergangenen Jahr gewannen die Berliner den Internet Sales Award und wurden als "reines Internet-Autohaus" von der Jury als "Vorreiter und Massstab für die Branche" bezeichnet. Inzwischen verkauft Motena auch über den stationären Handel, in der neuen "Motena City". Mit voraussichtlich 900 Verkäufen im laufenden Jahr ist das Autohaus alter Schule mehr als doppelt so erfolgreich wie die Internetseite. "Der Autohandel ist ein emotionales Geschäft, der Kunde will das Auto anfassen können", sagt Näfken.
Einige Grosshändler haben dieses Problem erkannt und sich eine andere Käufergruppe gesucht: die Wiederverkäufer. Auch Motena hat Ende vergangenen Jahres eine Plattform für den Autohandel eröffnet -- "motena-pro.de". Mit 6200 verkauften Fahrzeugen erwartet Näfken von Motena-pro den mit weitem Abstand grössten Erfolg für sein Unternehmen.
Datenbanken wie das "ECM Logistik Netz" (ELN) haben Grosshändler und kleinere Wiederverkäufer gleichzeitig im Visier. Etwa 25 Grosshändler nutzen die Internetplattform von Walter Schiel, um Wiederverkäufern ihre Fahrzeuge anzubieten. Endkunden haben zu dieser geschlossenen Datenbank keinen Zugang, die angeschlossenen Händler müssen eine monatliche Gebühr zahlen. Schiel will mithilfe seines Angebots aus Wiederverkäufern Mehrmarkenhändler machen.
Rund 370 zahlende Kunden hat Schiel bisher. Diese können die Angebote der Grosshändler in ihre Internetseite integrieren. Sie übernehmen die Fahrzeugbeschreibungen aus der Datenbank und legen einen Preisaufschlag je Baureihe fest. Auf der Internetseite des kleinen Händlers erscheint dann die Modellbeschreibung, der Preis wird prozentual oder pauschal erhöht. Der Endkunde informiert sich also auf der Internetseite seines Händlers und hat auch nur zu ihm Kontakt. Der Wiederverkäufer bezieht das Fahrzeug ab Hof vom Grosshändler, übernimmt die Endreinigung und ist der Vertragspartner des Kunden.
Datenbanken wie ELN müssen dafür sorgen, dass die Angebote auf ihren Plattformen einwandfrei sind. "Bei uns stellt der Grosshändler seine Fahrzeuge mit Endpreisen ab Hof ein", sagt Schiel. Versteckte Kosten im Kleingedruckten für die Metalliclackierung oder die Überführung werden nicht akzeptiert. Wenn ein Teilnehmer gegen die Regeln verstösst, versucht es Schiel zunächst mit einem klärenden Gespräch. "Wenn das nicht hilft, wird dem Händler zum Monatsende gekündigt", sagt Schiel.
"Die meisten freien Autohändler sind an eine Datenbank wie ELN angeschlossen", bestätigt Theo Breitgoff, Präsident des Verbands Ecafo, einer Interessenvertretung des Parallelhandels in der Europäischen Union. Die Internetplattformen sind ein wichtiges Instrument geworden, um sich einen Marktüberblick zu verschaffen. Denn die freien Händler haben im Ausland auch weiterhin ihr Lieferantennetz. Mithilfe der Datenbanken können sie die Angebote ihrer Lieferanten ständig mit den aktuellen Marktpreisen vergleichen.