Bamberg. "Als wir die Lehre an der Otto-Friedrich-Universität begonnen haben, wurde ich oft gefragt, weshalb wir uns gerade Bamberg als Standort ausgesucht haben. Weil die Summe der Entfernungen zu allen Autoherstellern hier ein Maximum ergibt", hat Professor Wolfgang Meinig damals geantwortet. Der kleine oberfränkische Bischofssitz, dessen Altstadt die UNESCO zum Weltkulturerbe zählt, ist für den Professor mit den schneeweißen Haaren der ideale Ort, um seinen Studenten Wissen und Werte für ihren Weg in die Autobranche zu vermitteln: "Hier haben wir eine olympische Position und können von einem kleinen Gipfel mit neutralem Blick auf die automobile Landschaft schauen", erklärt Meinig.
Der neutrale Blick ist Meinig wichtig. Den Fachbereich Automobilwirtschaft versteht der Professor für Betriebswirtschaftslehre nicht als Lobby der Autoindustrie, er will sie vielmehr in Lehre und Forschung kritisch begleiten. Allen Einflussnahmen von außen erteilt er daher eine Absage. Bereits zu Beginn seiner Bamberger Zeit im Jahr 1989 hat er sich erfolgreich dagegen gewehrt, dass die Inhalte seiner Ausbildung von außen mitbestimmt werden. Der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) als einer der Initiatoren des Lehrstuhls wollte Meinig dazu bewegen, den Schwerpunkt seiner Lehre dem Handel zu widmen. "Wir haben aber klar gesagt, dass wir uns nicht nur um den Handel kümmern können", sagt Meinig. Das Verhältnis zum ZDK ist seither nicht immer entspannt. Der frühere ZDK-Präsident Rolf Leuchtenberger bezeichnete Meinig auf der Bundestagung im Jahr 2001 gar abschätzig als "Guru aus Bamberg".
Eine universitäre Ausbildung allein für den Autohandel war Meinig zu wenig, deshalb hat er als Kern seiner Hochschularbeit den "Bamberger Ansatz" entwickelt. Damit soll die gesamte automobile Wertschöpfungskette in der Lehre abgedeckt werden: von Zulieferern und Herstellern über den Handel bis zu privaten und gewerblichen Käufern. Entsprechend verteilen sich die Absolventen auf alle Bereiche der Industrie, wenn auch nicht in gleicher Zahl: Die eine Hälfte, schätzt Meinig, verdient ihr Geld bei einem Hersteller oder Importeur. Die andere Hälfte arbeitet bei Zulieferern, im Handel und bei Unternehmensberatungen.