München. Eigentlich könnten die Unterzeichner einer Kfz-Versicherung mit Werkstattbindung zufrieden sein: Nach einem Unfall melden sie den Schaden nur telefonisch ihrer Versicherung, diese regelt alles Weitere. Die Versicherung kümmert sich im Idealfall um den Abschleppdienst, einen Ersatzwagen und eine schnelle Reparatur. Der Kunde bekommt am Ende sein Auto sogar geputzt zurück. Schadenmanagement nennen die Versicherungen diesen Service. Dem Kunden soll nach einem Unfall Arbeit und Ärger abgenommen werden. Die Versicherungen sparen dabei Kosten, weil sie dank grosser Schadenmengen niedrigere Preise bei Werkstätten und Abschleppdiensten bekommen. "Früher haben wir gedacht, dass wir für diesen Service sogar Geld verlangen können", sagt Hartmut Nickel-Waninger, Vorstandsmitglied der Gothaer Versicherung.
Kommunikationsproblem beim Schadenmanagement
Von dieser Vorstellung ist die Gothaer, die sich selbst als den ersten Kfz-Versicherer bezeichnet, der Tarife mit Werkstattbindung angeboten hat, mittlerweile abgekommen. Statt die Werkstattbindung und das damit verbundene Schadenmanagement als Service mit einem Kostenaufschlag zu belegen, werden die Policen mit Preisnachlässen beworben. Den Preisvorteil ihrer grossen Schadenmengen geben auch Versicherer wie die HUK-Coburg teilweise an ihre Kunden weiter, indem sie die Policen etwa 15 Prozent günstiger anbieten als Kasko-Versicherungen ohne Werkstattbindung.
Der grosse Erfolg der Policen mit Werkstattbindung ist bei der Gothaer trotz Preisnachlass bislang ausgeblieben. Lediglich sechs Prozent der Schäden im Mai wurden in Partnerwerkstätten der Versicherung behoben. Laut Nickel-Waninger steigt die Vermittlungsquote zwar, sie sei aber noch "auf erschreckend niedrigem Niveau". Hauptursache sei ein Kommunikationsproblem: "Wir müssen noch Überzeugungsarbeit leisten, weil viele Kunden bei der Werkstattbindung an Billigreparaturen in Hinterhöfen denken." Dabei müssten sich die Versicherungen auch gegen die Lobby-Arbeit von Anwälten, Automobilclubs und Autoherstellern durchsetzen.