Es ist die Fortführung einer firmenpolitischen Linie und ein großer Umbruch gleichermaßen: Mit Jean-Dominique Senard kommt der neue Retter von Renault abermals vomfranzösischen Reifenkonzern Michelin.
So wie schon Carlos Ghosn, den Senard nun beerbt. Doch der 65-Jährige ist geradezu der Gegenentwurf zu Ghosn. Während der Architekt der Allianz mit Nissan und Mitsubishi sich stets als klare Nummer eins sah und präsentierte, gilt der bisherige Michelin-Chef als Mann der leisen Töne. Und des Ausgleichs.
Im März vergangenen Jahres legte Senard dem französischen Wirtschaftsminister Bruno Le Maire eine Denkschrift vor mit dem Titel „Das Unternehmen als Objekt des Gemeinwesens“. Co-Autorin war die Ex-Gewerkschaftsführerin Nicole Notat von der moderaten CFDT.
Senard vertritt in der Schrift die sozialdemokratische These, wonach der Kapitalismus „sozial“ gebändigt sein sollte. Eine solche Sozialschrift wäre Ghosn niemals aus der Feder geflossen. Senard aber dürfte sich damit als Patron beim nahezu halbstaatlichen Autobauer Renault empfohlen haben.
Senard hatte mehrfach betont, er wolle nach seiner Zeit bei Michelin „dienen“. Diese Einstellung wird ihm bei Renault sehr nützlich sein. Sein Denken als verantwortungsbewusster Manager, seine gepflegten Umgangsformen und eine höchst elaborierte Sprache hat er wohl von seinem Vater geerbt, einem hochrangigen Diplomaten unter Georges Pompidou.
Bei Michelin war er der erste Chef, der Gewerkschaftsvertreter in seinem Büro empfangen hat. Doch man sollte sich nicht täuschen, Senard kann auch den harten Schnitt: Bei Michelin und zuvor bei Pechiney baute er Tausende Stellen ab.
Fachlich hat Senard die höchsten Meriten. Er ist Absolvent der Pariser Elite-Uni HEC.
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