Stuttgart. Die steigende Nachfrage nach Fahrerassistenzsystemen bietet Zulieferern und Entwicklungsdienstleistern gute Wachstumschancen. Die Automobilwoche befragte Ricardo Arau vom Entwicklungsdienstleister RLE zu den technologischen und wirtschaftlichen Perspektiven solcher Produkte.
"Die europäischen Zulieferer profitieren"
Durch die neuen Systeme können die Unfallraten weiter reduziert werden. Volumenhersteller werden sich diesen Innovationen genauso widmen wie die Premiummarken. Es ist daher ein großer Wachstumsmarkt zu erwarten.
Unfallverhütung wird neben der Reduzierung der Unfallstärke und der Verringerung der Zahl an Verkehrstoten das Hauptziel sein. Hier sehen wir Möglichkeiten, durch ein intelligentes Pre-Crash-Seitenaufprall-Insassenschutzsystem und der Kopplung der einzelnen Systeme die Kompetenz von RLE darzustellen.
Zunächst die Verkehrsteilnehmer, zum Beispiel durch Nachtsichtfunktionen und mehr Komfort, etwa bei Einparkhilfen. Natürlich profitieren auch die europäischen Zulieferer, die bei der Entwicklung komplexer innovativer Systeme den Lieferanten aus Billiglohnländern überlegen sind.
Auch für die Entwicklungsdienstleister ist hier ein erhebliches Wachstumspotenzial gegeben, da OEMs und Zulieferer nicht mehr ausreichend freie Kapazitäten haben. Um bei diesen komplexen und vernetzten Systemen alle anstehenden Arbeiten zu bewältigen, bleibt genug Spielraum für Entwicklungsdienstleister - sowohl in der Vorausentwicklung als auch bei der Serienintegration. So ist RLE heute schon wesentlich bei der Serienintegration und Validation von Fahrerassistenzsystemen beteiligt.
Volumenhersteller werden wegen des Preisdrucks zunächst auf kostenoptimierte Systeme setzen, sodass die Premiumanbieter einen Vorsprung aufrechterhalten können. Sie werden die Systeme weiterentwickeln und verfeinert mit zusätzlichen Funktionen anbieten. Sie müssen mit pfiffigen Ideen beim Kunden Bedürfnisse wecken und somit im Innovationswettlauf vorn bleiben.
Generell werden die Systeme so entwickelt, dass der Fahrer nicht abgelenkt werden soll. Da dies jeder individuell unterschiedlich empfindet, werden zukünftige Systeme so gestaltet sein, dass der Fahrer den Grad der für ihn idealen Assistenz selbst bestimmen kann. Dies kann bei der Nutzung eines Fahrzeugs durch verschiedene Fahrer fest als Profil gespeichert werden.
Dieses Problem bestand vor einiger Zeit. Inzwischen haben die OEMs Tools entwickelt, die eine sichere Validierung der Systeme gewährleisten. Integration, Erarbeitung von Validierungsplänen und die Validierung von elektronischen Systemen ist einer der Leistungsumfänge von RLE.
Man kann dem generellen Trend der Gewichtssteigerung entgegenwirken. Dafür hat RLE geeignete Lösungen. Da durch die Einführung der Bussysteme Informationen eines Sensors von mehreren Systemen genutzt werden können, ist bei höherer Integration nicht mit einem eklatanten Gewichtsanstieg zu rechnen. Jedoch wird der Verkehrsfluss durch die Fahrerassistenzsysteme optimiert. Durch angepasstes Fahren zum Beispiel mit der Funktion Adaptive Cruise Control wird der Kraftstoffverbrauch erheblich reduziert. Wenn zusätzlich die Staus verringert oder sogar eliminiert werden, könnten allein in Deutschland bis zu 30 Millionen Liter Kraftstoff gespart und somit der tatsächliche CO2-Ausstoß reduziert werden.
Oftmals ist ein Sicherheitsfeature direkt mit einer Komfortfunktion verknüpft, sodass die Kunden das System gerne erwerben. Darüber hinaus stellt häufig auch eine niedrigere Versicherungsprämie einen Kaufanreiz dar.
Das Interview führte Matthias Krust