Die 19-Prozent-Lawine

München. Die Internetseite von Fiat brennt. Seit Jahresbeginn lodert dem Besucher der von einer Flamme umhüllte Schriftzug "Fiat 4 You" entgegen. Die Botschaft ist eindeutig: Mit heißen Preisen soll der Absatz von Panda bis Doblň kräftig angekurbelt werden. Das Programm "Fiat 4 You" lockt mit satten Rabatten: Für monatlich 69 Euro gibt es nicht nur einen neuen Panda, sondern obendrein vier Jahre Garantie, Kfz-Versicherung, Mobilitätsgarantie und Kreditabsicherung.

Mit der Rabatt-Offensive will Fiat aber keineswegs Ladenhüter unters Volk bringen, denn selbst das Erfolgsmodell Grande Punto wird samt aller Zusatzofferten für monatlich 79 Euro angeboten. Beim Grande Punto bietet Fiat damit unter dem Strich einen Rabatt von 22 Prozent, hat Ferdinand Dudenhöffer, Geschäftsführer des Prognose-Instituts B&D Forecast, errechnet. "Ein so hoher Kundenvorteil bei einem neuen Modell ist sehr, sehr selten", sagt Dudenhöffer. Rabatte von 20 Prozent und mehr machen deutlich: Der Preiskampf im deutschen Autohandel ist zum Jahresbeginn noch härter geworden.

In der Rabattschlacht wird Fiat von zahlreichen Konkurrenten herausgefordert. Ford etwa will mit seiner "Flatrate Relax" die Kunden zum entspannten Autokauf bewegen. Ab 79 Euro monatlich gibt es das Editionsmodell Fun X des Ford Ka samt vier Jahren Garantie, Wartung und Inspektion sowie einer Mobilitätsgarantie.

Peugeot hat für frankophile Fahrer ein "Rundum-Glücklich-Paket" geschnürt, das ebenfalls vier Jahre Garantie, Wartung und Versicherung enthält. Ölwechsel und Verschleißreparaturen samt der verbauten Teile zahlt in dieser Zeit Peugeot. Für acht Baureihen bietet der Importeur sein Paket an. Das günstigste Modell ist mit 89 Euro Leasinggebühr im Monat der 107 Petit Filou.

Mit diesen Angeboten setzen die Hersteller den Trend fort, ihre Rabatte immer weiter in die Höhe zu treiben. "Geiz bleibt geil", wie die Elektronik-Kette Saturn seit Jahresbeginn wirbt, scheint auch für die Autobranche zu gelten. Mitte des vergangenen Jahres verzeichnete B&D Forecast im Privatkundengeschäft noch einen durchschnittlichen Rabatt von rund 14 Prozent, am Ende des Jahres waren es bereits 17 Prozent. Das Rabatt-Niveau im Januar schätzt Dudenhöffer auf 19 Prozent. "Verkaufsförderungen dieser Größe haben wir zum Jahresbeginn in unserer Statistik noch nie verzeichnet", sagt Dudenhöffer.

Den Hauptgrund für die zunehmende Intensität des Preiskampfs sieht er in der erhöhten Mehrwertsteuer. In den letzten Monaten des Vorjahrs haben viele Autobauer damit geworben, ihren Kunden die Mehrwertsteuer zu schenken. Damit gelangen rund 50.000 vorgezogene Käufe - der Verband der Automobilindustrie (VDA) konnte ob der hervorragenden Verkaufszahlen im November und Dezember jubeln. Wie nach jeder guten Feier kämpft man jetzt gegen den Kater. Dennoch hofft VDA-Präsident Bernd Gottschalk, "dass der Start ins Autojahr 2007 nicht allzu holprig verläuft".

Dudenhöffers Analysen dürften Gottschalk wenig Hoffnung machen. Eine Besserung sieht er erst für das zweite Halbjahr voraus: "Nach vier bis sechs Monaten denken die Kunden nicht mehr an die 16 Prozent Mehrwertsteuer des Jahres 2006." Wenn sich zudem die Konjunktur weiter gut entwickelt, werden die Preise in der zweiten Jahreshälfte nicht mehr so stark unter Druck sein, erwartet Dudenhöffer.

Die aggressiven Angebote zum Jahresstart lassen aber erkennen, dass die Hersteller nicht länger mit barem Geld locken. Von der Werbung mit hohen Rabattzahlen rücken sie immer stärker ab, Kombi-Pakete stehen im Vordergrund. "Mit den Kombi-Paketen werden die Rabatte intelligenter verpackt und nicht mehr als reine Dreingabe angeboten", sagt Ralf Landmann, Automarkt-Experte bei Roland Berger. Er sieht darin die Möglichkeit, Angebote besser auf unterschiedliche Zielgruppen zuzuschneidern: "Junge Kunden sind beispielsweise an Paketen mit Versicherungsschutz stärker interessiert als ältere Kunden." Angebote wie die Ford-Flatrate kennen sie zudem schon von ihrer Internetrechnung.

Die Hersteller profitieren auch davon, dass bei einem Vertrag mit vier Jahren Garantie und Wartung die Kundenfahrzeuge auch vier Jahre lang in die Vertragswerkstätten gefahren werden. Sie können damit an den Ersatzteilen verdienen. Zudem machen sie mit den verkauften Versicherungen Provisionsgeschäfte und verdienen an Finanzierungsangeboten.

"Die Hersteller können damit eine Mischkalkulation machen", sagt Dudenhöffer. Er sieht die Pakete als Strategie, um von hohen Rabattzahlen wegzukommen. Mit einem durchschnittlichen Rabatt von 19 Prozent sei der Höhepunkt erreicht. Landmann blickt kritischer in die Zukunft: "Die meisten Hersteller gehen zwar von sinkenden Incentives aus, aber dafür gibt es keine Anhaltspunkte." Sechs Milliarden Euro werden die Hersteller 2007 laut Landmann in Deutschland für Rabatte ausgeben. "Und der Höhepunkt der Rabattschlacht ist noch nicht erreicht."