Man kann sich der Leidenschaft Motorsport mit dem Verstand und mit sehr vielen Zahlen nähern. Etwa so: Porsche führt das internationale Ranking aller Sportwagenhersteller mit mehr als 30.000 Podestplätzen in 60 Jahren mit großem Vorsprung an.
Viel schöner aber ist es, den Motorsport mit Herz und Bauch zu erfahren. Etwa so: Ein warmer Junitag im Jahr 1951. Porsche-Ingenieure schrauben in dem französischen Dörfchen Teloché in einer engen Garage bis tief in der Nacht mit geröteten Gesichtern an zwei silberfarbenen Rennwagen. Sie bereiten die beiden 356 SL mit den Startnummern 46 und 47 für den ersten Einsatz der Zuffenhausener auf derlegendären Rennstrecke in Le Mans vor.Gerade einmal drei Jahre nach der Gründung der Sportwagenmarke und nur sechs Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs traut sich Porsche als einziger deutscher Hersteller zu dem berühmten französischen Langstreckenrennen. Das ist nicht nur sportlich, sondern auch politisch mutig. Denn in Frankreich sind die Deutschen noch nicht gerne gesehen. Garagenbesitzer Georges „Jojo“ Després wird im nahe Le Mans gelegenen Dorf Teloché angefeindet, weil er dem Gegner von gestern die Türen öffnet. Mit der Dorfgarage in Teloché begann für Porsche eine jahrzehntelange enge Verbindung zu Le Mans – und letztlich auch zu den Bewohnern von Teloché.
Mit einiger Berechtigung kann man sagen, dass in Le Mans der Mythos von Porsche als echte Sportwagenmarke begründet wurde. Die leichten und wendigen Typen 365 und 550 fuhren aber nicht nur in Le Mans, sondern auch bei der Mille Miglia und der Carrera Panamericana regelmäßig auf Podestplätze, Mitte der 50er-Jahre waren es schon 400 Erfolge.
Bis zum ersehnten Gesamtsieg in Le Mans musste Porsche allerdings viele Jahre warten und auch eine Menge Geld ausgeben: Erst 1970 gelang Hans Herrmann und Dick Attwood der Triumph. Geleitet und generalstabsmäßig vorbereitet wurde der Einsatz vom damaligen Porsche-Entwicklungschef Ferdinand Piëch.Am 18. Juni 2017 freute man sichbei Porsche über den dritten Gesamtsieg in Le Mans in Folge ganz besonders. Denn deshalb durfte der gewichtige Siegerpokal von Porsche-Chef Oliver Blume und Rennsportchef Fritz Enzinger dauerhaft ins Porsche-Museum gestellt werden. Der Technologieträger Porsche 919 Hybrid konnte seit seinem Start im April 2014 von34 Rennen 17 für sich entscheiden.
Earl Bamber, Brendon Hartley und Timo Bernhard rasten nach einer irrwitzigen Aufholjagd und 19 Runden Rückstand aufgrund einer defekten E-Maschine von Platz 54 auf Platz eins. „Der Mythos Le Mans lebt. Genau wegen solcher unglaublichen Geschichten“, sagt Blume dazu.
Zu Porsches Rennsportgeschichte gehören aber auch die tragischen Seiten. Die beiden deutschen Rennfahrer-Legenden Manfred Winkelhock und Stefan Bellof starben im „schwarzen Sommer“ 1985 innerhalb von nur drei Wochen in ihren Boliden des Typs 962, Winkelhock im kanadischen Motorsport, Bellof in Spa-Francorchamps. Die Ursache für Winkelhocks Unfall wurde nie geklärt.
Lesen Sie auch:
70 Jahre Porsche Sportwagen: Die Geschichte des 911
Spezial "70 Jahre Porsche-Sportwagen"
Automobilwoche Edition "70 Jahre Porsche-Sportwagen"