Stuttgart. Für Daimler-Chef Dieter Zetsche hat das Jahr der Auslese begonnen: „2009 ist für die Automobilbranche ein Darwin- Jahr, in dem wichtige Weichen gestellt werden, wer sich in der automobilen Evolution behauptet.“ Dabei lässt er keinen Zweifel, dass sein Unternehmen zu den Überlebenden gehören wird. Das allerdings erfordert einen Balanceakt zwischen milliardenschweren Zukunftsinvestitionen und drastischen Einsparungen, um die Weltwirtschaftskrise zu überstehen. Längst hat Zetsche den Konzern auf neue Ziele eingeschworen: Statt einer möglichst hohen Rendite zum Schutz vor Übernahmen geht es darum, eine hohe Liquidität zur Finanzierung wichtiger Zukunftsinvestitionen zu sichern. Folge: Alles, was nicht der Zukunftssicherung dient, sogar der Neubau der Konzernzentrale in Untertürkheim, wird verzögert, ausgesetzt oder gestrichen. Wichtige strategische Vorhaben wie die Entwicklung alternativer Antriebe inklusive der Lithium-Ionen- Batterie werden stärker gefördert.
Zetsche ist klar: Weil niemand weiß, wie lange die Krise dauert, hat in der Autobranche ein Spiel auf Zeit begonnen. Nur wer den Mittelabfluss eindämmen kann und über hohe Liquiditätsreserven verfügt, kann gestärkt aus ihr hervorgehen. Schon jetzt gibt es in der Industrie eine Zweiklassengesellschaft: Während Fiat, Renault und PSA in bedrohlichem Ausmaß Geld verbrennen, sitzen Daimler, BMW und VW auf hohen Liquiditätsreserven. Die will Zetsche richtig einsetzen: Bis 2010 kann allein Forschungs- und Entwicklungsvorstand Thomas Weber rund 14 Milliarden Euro investieren.
Auch die Expansion in wachstumsträchtigen Schwellenländer wie China und Indien soll forciert werden. Einen großen Sprung bei Stückzahlen und Rendite will Mercedes mit der neuen Kompaktwagengeneration erreichen, die 2011/2012 auf den Markt kommt. Die technisch völlig neuen Nachfolger der A- und B-Klasse sollen die einsetzende Erosion bei großen, renditestarken Fahrzeugen zumindest teilweise kompensieren. Von ähnlich großer Bedeutung ist die Restrukturierung des US-Lkw-Geschäfts mit der massiven Kapazitätsverlagerung ins günstigere Mexiko.