Stuttgart. Knapp ein Jahr nach der Trennung von Chrysler geht Daimler wieder auf Expansionskurs. Konzernchef Dieter Zetsche hat eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die lukrative Geschäftsmodelle entwickeln und damit zusätzliches Wachstum generieren soll.
"Wir wollen im Kerngeschäft und entlang der automobilen Wertschöpfungskette neue Expansionschancen erschließen", bestätigte ein Unternehmenssprecher der Automobilwoche auf Nachfrage. Es gebe aber noch keine konkreten Entscheidungen. Das Projekt trägt den Namen "Business Innovation" und wird von dem Franzosen Jérôme Guillen geleitet, den Zetsche von der US-Lkw-Tochter Freightliner geholt hat und der direkt an ihn berichtet. Guillen hat inzwischen 15 hochkarätige Abteilungsleiter (Ebene 3) um sich geschart. Für das Team gibt es bei der Ideensuche nur eine Vorgabe: Die neuen Geschäftsmöglichkeiten müssen mit dem Automobil in Zusammenhang stehen.
Dabei lässt Zetsche jedoch einen großen Interpretationsspielraum. So prüft die Truppe sogar, ob sich der Aufbau eines Limousinen-Service lohnt. Wahrscheinlich ist, dass Daimler das Finanzierungs- und Versicherungsgeschäft deutlich ausbaut und stärker bei Vermietung und Gebrauchtwagenhandel einsteigt. Auch der Teilehandel wird ins Auge gefasst. Der Vorteil dieser Aktivitäten ist, dass der Aufbau vergleichsweise wenig kapitalintensiv ist. Um schnell die kritische Masse in einem neuen Geschäftsfeld zu erreichen, sind nach Informationen der Automobilwoche auch Akquisitionen nicht ausgeschlossen. Entwickelt sich ein neuer Bereich gut, könnte daraus sogar eine eigene Sparte entstehen.
Für Zetsche ist der jetzt eingeschlagene Expansionskurs eine Gratwanderung: Kurz nach der erfolgreichen Neuausrichtung des Konzerns könnte ein erneuter Strategiewechsel nicht nur die eigenen Mitarbeiter verstören, sondern auch die Investoren. Auf der anderen Seite weiß der Manager, dass die Wachstumsraten im Autogeschäft die hohen Erwartungen der Anleger auf Dauer nicht erfüllen. Deshalb muss Zetsche eine neue Börsenstory liefern, die den Kurs treibt - auch um sich gegen Übernahmen zu schützen. Nach dem Ausstieg der Deutschen Bank hat Daimler praktisch keinen Großaktionär mehr.