Stuttgart. Mit der relativ bescheidenen Investition von 20 Millionen Euro hat der Autohersteller Daimler die Namensrechte am städtischen Mehrzweckstadion in Stuttgart erworben und damit eine wohl einmalige Chance genutzt, die Marke Mercedes-Benz auf verschiedenen Ebenen zu stärken. Wenn der Gemeinderat zustimmt, wird der VfB Stuttgart ab der nächsten Bundesligasaison die Heimspiele nicht mehr im "Gottlieb-Daimler-Stadion", sondern in der "Mercedes-Benz-Arena" bestreiten.
Auf den ersten Blick kurios ist dabei, dass Daimler bereits 1992 auf unbefristete Zeit die Namensrechte für das städtische Stadion erhalten hat und es seitdem nach einem der Firmengründer benannt ist. Das hat den Automobilhersteller die nach heutigen Verhältnissen lächerliche Summe von zehn Millionen Mark gekostet. Dass Konzernchef Dieter Zetsche ein zweites Mal für etwas bezahlt, was ihm juristisch unanfechtbar bereits gehört, hat mit den eingeschränkten wirtschaftlichen Möglichkeiten des Fußballclubs und der schwierigen politischen Situation in Stuttgart zu tun. Mit der Finanzspritze aus dem Hause Daimler kann sich VfB-Präsident Erwin Staudt den lang gehegten Wunsch erfüllen, ein reines Fußballstadion zu errichten. Dieses wird zwar ebenso wie das Gottlieb-Daimler-Stadion 56.000 Zuschauern Platz bieten, Erfahrungen in anderen Städten zeigen aber, dass sich mit reinen Fußball-Arenen der Zuschauerschnitt deutlich anheben lässt. Der VfB bringt die Daimler-Millionen und weitere sieben Millionen an Eigenmitteln in eine städtische Betreibergesellschaft ein und leistet so den von der Stadt geforderten Beitrag zum Umbau in ein reines Fußballstadion. Die Arbeiten sollen 2009 beginnen und bis 2011 abgeschlossen sein.
Während Daimler darauf hofft, dass der VfB bei Heimspielen in der Champions League möglichst häufig Werbung für Mercedes-Benz macht, hat auch der Standort des Stadions für den Autohersteller einen besonderen Reiz. Die Arena befindet sich in Gehweite der Unternehmenszentrale, der Mercedes-Niederlassung und des Mercedes-Benz-Museums.
Auch die im vergangenen Sommer erfolgte Trennung von der hoch defizitären US-Tochter Chrysler spielt in diesem Zusammenhang eine wichtige Rolle: Es ist das erklärte Ziel des Autoherstellers, die Marke Mercedes-Benz weltweit wieder stärker in den Fokus zu rücken. Dazu hat Daimler erst vor Kurzem neue Aktivitäten gestartet, die nun von den VfB-Kickern noch einmal deutlich verstärkt werden. Außerdem hat die Scheidung der einstigen "Hochzeit im Himmel" Milliarden von Euro, die zuvor gebunden waren, in die Daimler-Kasse gespült.
Die zusätzliche Liquidität nutzte Zetsche, um den Mitarbeitern einen höheren Jahresbonus zu zahlen. Gleichzeitig versöhnte er die dauer-enttäuschten Aktionäre mit einer Dividendenerhöhung und einem Aktienrückkauf. Ohne diese Maßnahmen wäre in der eigenen Belegschaft und in der Region eine Finanzspritze in dieser Höhe für den VfB und die Abkehr vom traditionsreichen Mehrzweckstadion nicht zu vermitteln gewesen.