Jedes Jahr kurz vor Weihnachten lädt Wolfgang Nieke zu einem Hintergrundgespräch ins Werk Untertürkheim. Zu dem Termin kommen meist viele Journalisten überregionaler Medien, was für einen örtlichen Betriebsratschef ungewöhnlich ist. Das liegt daran, dass Nieke nicht nur auf seinen Standort schaut, sondern meist den ganzen Konzern und die komplette Branche im Blick hat.
Die in schwäbischer Färbung vorgetragenen Analysen offenbaren dabei auch eine gute Portion Hartnäckigkeit. Eine Eigenschaft, die Nieke in den vergangenen Wochen sicherlich geholfen hat. Sonst wäre es ihm nicht gelungen, die schwierigen Verhandlungen um den Einstieg des Mercedes-Werks Untertürkheim in die Elektromobilität zu einem erfolgreichen Ende zu bringen. Zweimal musste eine Schicht der E-Klasse in Sindelfingen abgesagt werden, weil der Betriebsrat Überstunden strich und den Nachschub an Komponenten ins Stocken brachte. Am Ende aber stand ein Kompromiss, mit dem beide Seiten gut leben können.
So wird künftig in dem Werk, in dem 19.000 Mitarbeiter Achsen, Motoren und Getriebe montieren und das stärker als jede andere Fertigungsstätte von Mercedes am Verbrenner hängt, eine Batterieproduktion errichtet. Sie soll von 2020 an Energiespeicher für die rein elektrischen EQ-Modelle liefern, die dann in Sindelfingen und Rastatt produziert werden. 250 Jobs werden geschaffen.