Stuttgart. Unter der Führung des neuen Chrysler-Chefs Robert Nardelli tritt der angeschlagene Automobilhersteller die Flucht nach vorn an und sucht sein Glück im Ausbau des bisher kaum entwickelten internationalen Geschäfts. "Wir wollen innerhalb der nächsten fünf Jahre den Absatz außerhalb von Nordamerika verdoppeln", beschreibt Michael Manley, der für den Vertrieb außerhalb des Heimatmarkts Nordamerika verantwortlich ist, seinen Auftrag. Im vergangenen Jahr verkaufte Chrysler international gerade einmal 214.000 Fahrzeuge der Marken Chrysler, Jeep und Dodge, während innerhalb der NAFTA fast 2,5 Millionen Einheiten ausgeliefert wurden.
Eine wichtige Rolle bei der Expansion spielt der russische Markt, für den derzeit Partner gesucht werden. "Wir sprechen mit einer Reihe von Unternehmen", so Manley. Dazu gehört unter anderem auch der Zulieferer Magna International, bei dem sich der russische Milliardär Oleg Deripaska vor wenigen Monaten mit 1,54 Milliarden Dollar eingekauft hat. Deripaska ist auch am russischen Autohersteller GAZ beteiligt. Ziel von Manley ist es, innerhalb der nächsten zwölf bis 24 Monate eine eigene Produktion für Kompakt- und Kleinwagen in Russland aufzubauen. Dabei denkt er in erster Linie an den Dodge Caliber, möglich wären aber auch Jeep-Modelle wie der Compass oder der Patriot. In diesem Jahr will Chrysler dort zwischen 6000 und 8000 Fahrzeuge verkaufen. "Mit einer lokalen Produktion wäre das Absatzpotenzial viel größer", so Manley. Doch nicht nur in Russland will Chrysler neue Fabriken errichten: "Im Gegensatz zu unseren Hauptkonkurrenten sind wir in vielen Regionen noch gar nicht präsent. Das werden wir ändern."
Ein weiterer Zukunftsmarkt ist China, wo Chrysler künftig vom lokalen Hersteller Chery Kleinwagen auch für den Export in die USA und nach Europa fertigen lässt. Um das Wachstum in dieser Region voranzutreiben, warb Nardelli vor Kurzem Phil Murtaugh vom chinesischen Autohersteller Shanghai Automotive Industry Corporation (SAIC) ab. Der einstige GM-Manager verantwortet nun das gesamte Asiengeschäft mit Schwerpunkt China und Indien.
Aufgrund des angestrebten Wachstums rechnet Manley damit, dass der Anteil von Westeuropa, der bisher traditionell 50 Prozent des internationalen Geschäfts ausmacht, künftig leicht zurückgehen wird. "Absolut gesehen wollen wir aber auch in Westeuropa weiter wachsen."
In Deutschland plant Chrysler, das Händlernetz von derzeit 180 auf etwa 200 Betriebe auszubauen. "Wir suchen unabhängige Händler, die bereit sind, in eine amerikanische Marke zu investieren", sagt Deutschland-Vertriebschef Radek Jelinek. Ein Ausbau der konzerneigenen Niederlassungen sei jedoch nicht geplant.