Nicht nur auf die Prozente schauen

Die Rekordergebnisse der deutschen Autohersteller vom vergangenen Jahr waren noch präsent, als die Gewerkschaften ihre Strategie für die neuen Tarifverhandlungen in der Metallindustrie planten. Wer so im Geld schwimmt, der soll bitte auch die Mitarbeiter beteiligen. Ein ordentlicher Schluck aus der Pulle sei geboten.

Zudem sinkt wegen der hohen Inflation die Kaufkraft der Beschäftigten. Die Teuerung wird diese Verhandlungsrunde maßgeblich beeinflussen. Die IG Metall ist sich deshalb sicher: Die Zeit ist reif für acht Prozent mehr Lohn. Eine Erhöhung wie selten zuvor.

Aber natürlich haben die Rekordmargen von Mercedes, BMW & Co. aus 2021 ein Zerrbild gezeichnet. Fakt ist: Die Industrie steht vor einer der größten Krisen der vergangenen Jahrzehnte. Fehlende Teile, reißende Lieferketten, horrende Preise für alles – die Probleme sind bekannt.

Die Energiepreisexplosion bringt gerade kleinere Firmen – die Arbeitgeber Hunderttausender Menschen – in Existenznot. Pleiten können aber kein Ziel der IG Metall sein. Und die Rezession kommt unweigerlich.

Doch auch generell – ohne Krisen – steht der Autobranche ein tiefgreifender Wandel bevor. Es werden weniger Autos gekauft. Wie sollen die Werke in Deutschland noch ausgelastet werden? Wie viele Jobs wird der Wandel der Mobilität noch kosten?

Und wenn jetzt der Boom bei den Elektroautos ausbleibt, bedeutet das ebenfalls eine schlechte Auslastung der Fabriken und damit die Gefahr von Stellenstreichungen. Und was ist der Hauptzweck von Unternehmen überhaupt? Arbeitsplätze zu schaffen.

Die Parteien im Tarifkonflikt sollten deshalb am Tisch klären, wie der Standort Deutschland weiterhin stark bleibt, und realistische Rahmenbedingungen schaffen – und nicht bloß auf Prozente schauen.

Aus dem Datencenter:

Produktionsprognose für deutsche Hersteller 2022