Für Autohäuser tickt die Uhr

Für den Autohandel tickt die Uhr. Der Online-Anteil in der Customer Journey gewinnt zunehmend an Bedeutung. "Wer jetzt nicht einsteigt, für den wird es schwer bis unmöglich, das bisherige Geschäftsmodell fortzuführen", sagt MHP-Partner Philip Vospeter. "Der Zug ist noch nicht ganz abgefahren, aber es ist eine Minute vor Zwölf."

Dabei ist der nahtlose Übergang zwischen Online- und Offline-Angebot entscheidend. Je nach Phase der Customer Journey agiert der Kunde: Informationen zu Beginn des Kaufprozesses holt er sich am liebsten im Netz (96 Prozent). Bei Fahrzeugübergabe (91 Prozent), Probefahrt (87 Prozent) und Beratung (55 Prozent) hat das Autohaus die Nase vorn.

Denn das macht der Kunde am liebsten beim Händler und erst im zweiten Schritt beim Hersteller. Online-Plattformen spielen für viele allenfalls in der Informationsphase zu Beginn der Customer Journey eine wichtigere Rolle.

Das geht aus der aktuellen Online Car Sales Studie 2023 hervor, die der Automobilwoche exklusiv vorab vorliegt. Die Unternehmensberatung MHP veröffentlicht sie im Zwei-Jahres-Rhythmus. Von Mai bis August 2022 befragten die Experten rund 250 Kunden und knapp 50 Vertriebsexperten aus dem Autohaus.  

Dass Kunden zunehmend mehr digitale Angebote erwarten, ist im Handel angekommen. Mehr als ein Viertel (28 Prozent) der Befragten würde ihr nächstes Auto am liebsten online kaufen. Gut jeder Fünfte (22 Prozent) hat sogar schon online gekauft. Zwei Jahre zuvor war es noch nicht einmal jeder Zehnte (9 Prozent). Allerdings stecken hinter den Angaben keine reinen Onlinekäufe.

Um am Ball zu bleiben, müssen die Händler Geld in die Hand nehmen. 85 Prozent der Händler wollen in den nächsten zwei Jahren mehr in den Online-Autoverkauf investieren. "Große Autohausgruppen haben die notwendigen digitalen Funktionen schon geschaffen, kleinen Autohäusern fehlen häufig die Möglichkeiten, um mitzuhalten", sagt Maurice Tennekes, MHP-Manager und Co-Autor der Studie.

Dabei liegt dies nicht unbedingt am Geld, häufig mangelt es vielmehr am Know-how. Gerade kleine Familienbetriebe, wo sich der Betriebsalltag auf nur wenige Mitarbeiter verteilt, sind oft einfach überfordert. "In vielen Autohäusern fehlt das Wissen, welche Onlinelösungen es gibt und wie diese in die bestehende IT-Infrastruktur implementiert werden können", sagt Tennekes. Dabei "kann man einfache Plattformen mit wenig Geld aufbauen. Das muss nicht immer gleich eine eigene Lösung sein, sondern kann auch zunächst eine White Label Lösung oder der Social E-Commerce sein."

Dabei lohnt es sich für die Autohäuser, sich an den Kundenerwartungen zu orientieren. Zwischen Wunsch und Wirklichkeit klaffen noch häufig Lücken: Während 90 Prozent der Kunden die Probefahrt online buchen will, bietet dies nur jeder zweite Händler (52 Prozent) an.

Auf der anderen Seite führt der Weg viele Kunden weiterhin ins Autohaus. Gerade junge Menschen. Die deutliche Mehrheit der 18- bis 24-Jährigen (61 Prozent) bevorzugt den Kauf im Autohaus.

Dabei haben die Händler vor allem einen starken Trumpf: Kunden wünschen sich, im Rahmen des Kaufprozesses mit Menschen zu agieren und von ihnen beraten zu werden. Einfache Fragen kann ein Chatbot beantworten. Aber jeder KI fehlt bislang die persönliche Komponente.

"Der Handel muss die emotionale Rolle im Rahmen der Customer Journey spielen", so Vospeter. "Agiert er mit dem Kunden, muss das Persönliche im Vordergrund stehen."

Da hilft vor allem eines: "Je mehr man über die Kunden weiß, desto bessere Lösungen kann man dem Kunden bieten", sagt Tennekes. Hier seien Händler gegenüber anderen Marktteilnehmern klar im Vorteil, da sie tagtäglich mit dem Kunden im Austausch sind und über CRM-Systeme wertvolle Daten sammeln.

Aus dem Datencenter:

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