Zweifel am klassischen Dienstwagenmodell

Die Lieferschwierigkeiten der Automobilhersteller sorgen für Umbrüche auf dem Flottenmarkt. "Reines Finanzleasing wird immer mehr zur Randerscheinung", sagt Dataforce-Analyst Benjamin Kibies. Nur noch 14 Prozent der Flotten, die Fahrzeuge leasen, setzen auf reines Finanzleasing. Stattdessen hat sich der Trend zum Service-Leasing beschleunigt.

Dabei gewinnt Leasing grundsätzlich weiter an Bedeutung: Rund 60 Prozent der Bestandsfahrzeuge sind geleast. Das sind fast drei Prozentpunkte mehr als vergangenes Jahr. Das geht aus einer aktuelle Leasing-Studie von Dataforce hervor, die auf telefonischer Befragung von 14.600 Fuhrparkverantwortlichen und einer Online-Befragung von 338 Fuhrparkleitenden basiert.

Bei den Leasingraten zeigt die Leasing-Studie deutliche Unterschiede zwischen den Marken. So sind mehr als drei Viertel der Volvo-Modelle in deutschen Flotten geleast. Ähnlich hoch sind die Anteile bei BMW, Seat und Audi.

Anders sieht es bei den Volumenfabrikaten aus: Entscheidet sich eine Flotte für Toyota, Hyundai oder Renault, sind die Leasinganteile deutlich kleiner. Die Studie zeigt, dass nur etwas mehr als eins von drei Hyundai-Modellen geleast ist. "Für die genannten Marken wäre mit attraktiveren Leasingangeboten noch viel Marktpotential zu holen", so Kibies.

Neue Marken haben noch Schwierigkeiten, den Weg in die Flotten zu finden. Die Fuhrparkleiter stehen ihnen in der überwiegenden Mehrheit noch skeptisch gegenüber. Sie bemängeln unter anderem das Servicenetz oder fehlende Erfahrungswerte bei Wartung, Verschleiß oder Restwerten.

Nur gut jeder zehnte Fuhrparkleiter (12 Prozent) zeigt sich offen für Modelle von MG, Nio, Genesis und Vinfast. Knapp die Hälfte der Befragten (48 Prozent) lehnt diese ab.

Es ist nicht der einzige Punkt, an dem die Skepsis der Fuhrparkexperten zum Ausdruck kommt. Sie blicken voraus und machen sich Gedanken über die Antriebswende hinaus: Knapp zwei Drittel (62 Prozent) der Fuhrparkverantwortlichen zweifeln am klassischen Dienstwagenmodell. Allerdings haben es auch die Alternativen schwer: Mobilitätsbudget oder Car Allowance, hierbei erhalten die Mitarbeiter eine Überlassungspauschale für die Nutzung des eigenes Fahrzeuges, sind noch nicht im Alltag angekommen.

Von den Zweifeln war im November noch nichts zu spüren: Der relevante Flottenmarkt glänzte wieder mit Rekorden. Knapp 92.000 Neuzulassungen waren der höchste Monatswert in den bis 2001 zurückreichenden Aufzeichnungen von Dataforce. Im Vergleich zum November 2021 sind die gewerblichen Zulassungen um knapp 48 Prozent gestiegen. Damit gehört der Vertriebskanal wieder zu den Gewinnern.

Doch auch der Gesamtmarkt legte kräftig zu: Mit rund 261.000 Einheiten lagen die Pkw-Neuzulassungen mehr als 31 Prozent über dem Vorjahresmonat und erreichten in etwa das Niveau der Jahre 2010 bis 2013.

Doch bei aller Freude: Die Neuzulassungen waren vom Umweltbonus getrieben. Um die aktuellen Förderbedingungen noch nutzen zu können, setzten Hersteller und Handel alle Hebel in Bewegung, um die Fahrzeuge ihren Kunden noch vor Jahresende auszuliefern. Entsprechend werden viele Neuzulassungen vom Jahresanfang 2023 auf das Jahresende 2022 vorgezogen.

Wie groß der Effekt ist, zeigt die Auswertung der Monatszahlen nach Kraftstoffarten. Knapp 45.000 reine E-Auto- und 58.000 Plug-in-Neuzulassungen sind für beide Kraftstoffarten neue Rekordwerte. Im Privatmarkt machten die elektrifizierten Fahrzeuge 47 Prozent der Neuzulassungen aus. Im Durchschnitt der ersten zehn Monate waren es nur 33 Prozent. In Flotten kamen die Steckerautos auf einen Anteil von 41 Prozent im November gegenüber 30 Prozent im Zeitraum Januar bis Oktober.

Durch den Vergleich mit den üblichen Marktanteilen lässt sich die Höhe des Sondereffekts abschätzen. Dataforce kommt so auf etwa 35.000 vorgezogene Käufe. Die bereinigte Wachstumsrate für den Gesamtmarkt liegt mit 14 Prozent auf der Höhe der Vormonate. Auffällig ist weiterhin, dass der Privatmarkt ohne die Vorzugskäufe fast stagnieren würde und der Fahrzeughandel sogar ins Minus rutscht.

Aus dem Datencenter:

Die Highlights im Flottenmarkt - November 2022

Die Highlights im Flottenmarkt - Oktober 2022

Die Highlights im Flottenmarkt - September 2022