Herr Tyroller, wie sehen Sie Ihre Rolle als Präsident des europäischen Zulieferverbands CLEPA?
Als Vertreter der europäischen Zulieferindustrie wollen wir uns bei der Politik allgemein und insbesondere bei der Europäischen Kommission und im Europaparlament Gehör verschaffen. Die Automobilzulieferer stehen für einen Großteil der Innovationen und Arbeitsplätze in dieser Branche. Unser Ziel ist es, ein fairer und verlässlicher Ansprechpartner zu sein. In der CO2-Diskussion kämpfen wir für realistische Erwartungen in der Politik, indem wir die technischen Möglichkeiten und Hindernisse deutlich machen. Wir treten dafür ein, dass die CO2-Ziele technologieneutral erreicht werden sollen. Diese Aktivitäten betreiben wir in enger Abstimmung mit der ACEA – auch wenn die Sicht der Zulieferindustrie bei manchen Themen nicht immer deckungsgleich mit den Positionen der Hersteller ist.
Dies dürfte vor allem beim Ringen um die neue GVO der Fall gewesen sein…
Die neue GVO hat uns in der Tat stark beschäftigt. Auch innerhalb der Branche war die Diskussion nicht einfach. Das Aftersales-Geschäft ist für Hersteller und Zulieferer sehr attraktiv: Es speist sich aus dem Bestand von rund 265 Millionen Fahrzeugen in Europa, ist also verhältnismäßig stabil und hat auch interessante Margen. Entsprechend hart wird dann gerungen.
Sind Sie mit dem Ergebnis zufrieden?
Absolut. Die neue GVO stellt sicher, dass die Zulieferindustrie weiter ohne Beschränkung im Ersatzteilgeschäft tätig sein kann. So hat es der letzte Vorschlag der Kommission zur Gesetzesvorlage definiert. Die Laufzeit bis 2023 gibt uns außerdem Planungssicherheit – auch das ist wichtig. Das gilt ebenso für die freien Werkstätten, die ja hauptsächlich aus kleinen und mittleren Betrieben bestehen, also dem klassischen Mittelstand. Insgesamt denke ich, dass die neue GVO für alle Marktteilnehmer einen fairen Wettbewerb im Ersatzteilgeschäft, Service und Handel gewährleistet.
Sind Sie mit dem Ergebnis zufrieden?
Absolut. Die neue GVO stellt sicher, dass die Zulieferindustrie weiter ohne Beschränkung im Ersatzteilgeschäft tätig sein kann. So hat es der letzte Vorschlag der Kommission zur Gesetzesvorlage definiert. Die Laufzeit bis 2023 gibt uns außerdem Planungssicherheit – auch das ist wichtig. Das gilt ebenso für die freien Werkstätten, die ja hauptsächlich aus kleinen und mittleren Betrieben bestehen, also dem klassischen Mittelstand. Insgesamt denke ich, dass die neue GVO für alle Marktteilnehmer einen fairen Wettbewerb im Ersatzteilgeschäft, Service und Handel gewährleistet.
Die Autoindustrie hat sich überraschend schnell von der Krise erholt. Wie ist die Auftragslage in der europäischen Zulieferindustrie?
Die derzeit hohe Nachfrage ist stark getrieben durch die Schwellenländer, allen voran China und Indien, sowie dem Premiumsegment. Das wirkt sich natürlich auch auf die Zulieferindustrie aus. In diesem Jahr ist die Auftragslage in den meisten Unternehmen daher sehr erfreulich und dürfte stabil bleiben. Wir dürfen jedoch nicht vergessen: Trotz der guten Entwicklung im ersten Halbjahr sind wir von dem Vorkrisenniveau noch ein gutes Stück entfernt.
Wann wird dieses Niveau wieder erreicht?
Bislang gingen wir davon aus, das Vorkrisenniveau von 2007 im Jahr 2012 wieder zu erreichen. Nach der unerwartet schnellen Erholung sind wir nun deutlich positiver gestimmt als noch zu Jahresbeginn. Es gibt die berechtigte Hoffung, dass viele Unternehmen bereits 2011 wieder zu alter Stärke zurückfinden, der Nutzfahrzeugbereich ein Jahr später.
Der unverhoffte Aufschwung stellt viele Zulieferer vor große Finanzierungsprobleme. Wie sehen Sie die Situation?
In der Tat hat die Krise viele Zulieferer geschwächt und die Finanzierung des Hochlaufs stellt nun eine erhebliche Herausforderung dar. Dies dürfte vor allem kleine und mittlere Betriebe mit einer schwachen Bonitätseinstufung betreffen, weil sie nun vergleichsweise hohe Kreditzinsen bezahlen müssen. Es gibt zwar keinen flächendeckenden Liquiditätsengpass, dafür aber nehmen die realen Zinslasten zu.
Was kann die CLEPA dagegen tun?
Das ist ein äußerst schwieriges Thema. Es gab ja Überlegungen für ein europäisches Modell mit Banken inklusive der Europäischen Investitionsbank EIB, um den Unternehmen einen schnellen und unbürokratischen Zugriff zu Liquidität auf ermöglichen. Ich muss zugeben, dass wir hier gerne mehr konkrete Ergebnisse erreicht hätten. Wir werden dranbleiben, allerdings erachte ich die Erfolgsaussichten für die Schaffung eines zentralen europäischen Instruments als sehr gering. Das hat auch damit zu tun, dass einzelne Länder vor allem ihre eigene Industrie stützen wollen.
Auch die Hersteller könnten durch eine veränderte Einkaufspolitik den Zulieferern auf die Beine helfen. Beobachten Sie ein Umdenken bei den Autoherstellern?
Wir können nicht feststellen, dass ein Umdenken stattgefunden hat. Das ist aber nicht überraschend. Die Hersteller selbst sind aufgrund des globalen Wettbewerbs unter extremem Kostendruck und tun sich entsprechend schwer, den Lieferanten entgegenzukommen. Man muss aber auch betonen, dass die Hersteller wichtigen Zulieferern durchaus helfen. Unternehmerisch gesehen sind zwar auskömmliche Margen schöner als Stützungsmaßnahmen. Wenn ich aber konkrete Hilfe brauche, ist das besser als gar nichts.
Wie lange kann das so weitergehen?
Das Problem ist, dass die Märkte extrem volatil geworden sind. Erst wenn eine gewisse Stabilität zurückkehrt, wird sich die Situation verbessern. Bis dahin wird die Konsolidierung bei den Zulieferern fortschreiten. Das hat auch mit neuen Wettbewerbern zu tun.
Wen sehen Sie da im Kommen?
Der Druck dürfte von zwei Seiten kommen. Zum einen wird es nicht mehr lange dauern, bis Zulieferer aus Schwellenländern, die heute noch lokal aufgestellt sind, global agieren – etwa aus China oder Indien. Zum anderen bringen neue Technologien wie die Elektromobilität neue Wettbewerber hervor. Für etablierte Zulieferer, die sich in den neuen Themen nicht richtig positionieren können, wird der Markt dann enger. Umgekehrt bieten neue Technologien auch Chancen. Wichtig ist aber, dass sich alle Zulieferer jetzt Gedanken über ihr künftiges Produktportfolio machen.
In der Branche besteht die Besorgnis, dass auch für schwere Nutzfahrzeuge strenge CO2-Auflagen kommen. Steht das auf der Tagesordnung der EU?
Dazu sind noch keine Entscheidungen gefallen. Es gibt sicher eine Diskussion. Die Politik stellt die Frage, warum man die schweren Nutzfahrzeuge ausklammern soll, wenn man Regeln für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge aufstellt. Zurzeit wird aber noch untersucht, wie die Emissionen am kompletten Lkw überhaupt gemessen werden können. Bislang werden die Motoren ja separat betrachtet, nicht aber das Gesamtfahrzeug. Klar ist, dass die Effizienz und damit der Verbrauch bei schweren Lkw bereits seit Langem eine wichtige Rolle spielen.
In der CLEPA sind vor allem große Systemlieferanten wie Bosch organisiert. Ist das Absicht?
Ich bin sehr froh, dass wir die großen Zulieferer als Mitglieder haben. Wir sind aber kein exklusiver Club für die Großen und wollen dies auch nicht sein. Das wäre sogar kontraproduktiv, weil die Diversität der Mitglieder ja unsere Industrie widerspiegeln soll und damit letztlich die Glaubwürdigkeit und Botschaften der CLEPA stärkt. Unsere Türen sind für alle Unternehmen weit offen.
Was können Sie Ihren Mitgliedern und vor allem den Kleinen denn bieten?
Wir sind bei vielen Aspekten der täglichen Arbeit Ansprechpartner und können helfen. Dazu gehören beispielsweise verschiedene Arbeitsgemeinschaften. Auf politischer Ebene können wir unseren Einfluss bei der EUKommission in die Waagschale werfen. Wenn man bedenkt, wie stark unser Geschäft von gesetzlichen Rahmenbedingungen abhängt, halte ich das für sehr wichtig. Dies alles ist vor allem für kleinere Unternehmen interessant, die übrigens auch in den Genuss eines geringeren Mitgliedsbeitrags kommen.
Was haben Sie sich für die Zeit Ihrer zweijährigen Präsidentschaft vorgenommen?
Ein wichtiger Punkt ist das bereits erwähnte Thema Mitgliedschaften. Mein Ziel ist es, die CLEPA breiter aufzustellen und ihr dadurch mehr Gewicht zu verleihen. Dazu gehört auch eine bessere Balance zwischen den großen und kleinen Zulieferern. Außerdem wollen wir weiter wichtige Themen besetzen wie Verkehrssicherheit, Umwelt, Handelspolitik und Aftermarket. Als europäische Zulieferer müssen wir mit einer Stimme sprechen, wenn wir Einfluss haben wollen. Nach etwas mehr als einem halben Jahr kann ich sagen, dass es kein leichtes Amt ist. Die ersten Erfolge haben aber gezeigt, dass wir an den richtigen Stellen ansetzen.