Frankfurt/Main. 275 PS, greller Trimm, großer Flügel auf dem Heck: In Leistung und Auftritt unterscheiden sich die Renner des Scirocco R-Cup nicht von den hochgezüchteten Tourenwagen anderer Markenpokale. Der entscheidende Unterschied aber ist, dass sie mit Bio-Erdgas angetrieben werden, ihre Energie also aus Biomasse oder nachwachsenden Rohstoffen beziehen – und damit nach VW-Angaben 80 Prozent weniger CO2 ausstoßen als vergleichbar starke Benzin-Boliden. Wenn die Erdgas- VWs über den Nürburgring fegen, bekommt dessen Beiname "Grüne Hölle“ eine ganz neue Bedeutung.
Erdgas – die verkannte Alternative
Einer dieser Sciroccos wird auf dem IAA-Stand von "Erdgas mobil" stehen, um für die Vorzüge des Alternativtreibstoffs zu werben. Die Initiative von 17 Gasunternehmen soll als Lobbyzentrale und Infrastruktur-Dienstleister dem Erdgasantrieb zu mehr Akzeptanz und höheren Marktanteilen, kurz: zum Durchbruch verhelfen. Dass der bisher ausblieb, ist tatsächlich schwer zu verstehen. Zum einen, weil Erdgas als Kraftstoff deutlich umweltfreundlicher verbrennt als Benzin und Diesel: Es hinterlässt keine Schwefel- und kaum Stickoxide. Und der CO2-Ausstoß ist zudem um 25 Prozent niedriger – wobei sich dieser Wert verbessert, je mehr regenerativ erzeugtes Bio-Erdgas dem fossilen Erdgas beigemischt wird – wie im Fall der Sciroccos. Es ist zweitens wirtschaftlich: Mit Erdgas lassen sich gegenüber einem Benziner mit vergleichbarer Leistung bis zu 50 Prozent, gegenüber einem Diesel noch 30 Prozent der Kraftstoffkosten einsparen, wobei höhere Anschaffungskosten zu berücksichtigen sind. Und drittens: Die Technik ist ausgereift und verlangt im Gegensatz etwa zum E-Antrieb keine radikal neue Fahrzeugarchitektur, sondern nur überschaubare Modifikationen an vorhandenen Modellen, um beispielsweise die Gastanks unterzubringen.
Derzeit rollen circa 85.000 Erdgas-Fahrzeuge durch Deutschland, und bisher stiegen die Zulassungszahlen eher zögerlich. Inzwischen aber gilt das Tankstellennetz mit 900 Standorten als nahezu flächendeckend, die Hersteller – allen voran VW und Fiat – weiten ihre Angebote an Erdgas- Autos stetig aus. Auch Volvo, Citroën und Mercedes haben mittlerweile welche im Programm. Zu den Neuheiten auf der IAA werden Erdgas-Varianten des neuen Opel Combo und des VW Up zählen.
Und Audi will 2013 einen Erdgas-A3 ins Programm nehmen. Bei Audi reicht das Erdgas-Engagement allerdings weiter als nur bis in die Modellpalette. Die Ingolstädter investieren in eine Technologie, um mit Ökostrom das bereits erwähnte Bio-Erdgas für den Autotank herzustellen und beteiligen sich dafür an Windkraftanlagen. Da bei dieser synthetischen Erzeugung von Erdgas konzentriertes Kohlendioxid herangeführt und gebunden wird, begünstigt – verkürzt erklärt – bereits die Herstellung von Bio-Erdgas dessen CO2-Bilanz als Auto-Kraftstoff. Weiterer Clou: Überschüssiges Bio-Erdgas, das nicht als Kraftstoff für Erdgasfahrzeuge verwendet wird, kann ins öffentliche Erdgasnetz eingespeist und als Haushaltsgas vermarktet werden. (Foto: VW)