Rom. Er ist ein Mann mit großem Appetit auf mehr. Und er ist ein Mann der prägnanten Worte. Sein erfolgreicher Schulterschluss mit dem US-Autobauer Chrysler sollte für den streitbaren Fiat-Chef Sergio Marchionne (60) eigentlich nur der erste Schritt sein, den hoch verschuldeten Konzern in Turin aufzupäppeln. Doch er kommt mit seiner Strategie, die er für überlebenswichtig hält, in der Krise nicht voran. Chrysler stützt derweil den schwächelnden Partner.
«Meine Zukunft wird immer an Fiat gebunden sein. Dies ist meine letzte Stelle, ich möchte nirgendwo anders mehr hingehen.» Solche offenen und klaren Worten spricht der Mann, dem die norditalienische Autoschmiede ihren Aufstieg aus einem Jammertal vor einigen Jahren zu verdanken hatte. Marchionne, in den Abruzzen geborener Italiener mit kanadischem Pass, hatte das Fiat-Zepter in Krisenzeiten in die Hand genommen. Er will seinen Erfolg in der neuen Krise nicht verspielen.
In Toronto hatte der Anwalt und Wirtschaftsprüfer studiert. Ihm gelang dann etwas, das für die Fans italienischer Autos an ein Wunder grenzte. Seit 2004 Fiat-Chef, trug er energisch und entscheidend dazu bei, dass der Traditionskonzern eine längere Durststrecke hinter sich lassen und wieder mit schwarzen Zahlen glänzen konnte: Marchionne sanierte, baute Bürokratie ab, halbierte die Entwicklungszeiten für neue Modelle. Er richtete das gut 100 Jahre alte Unternehmen der legendären Agnelli-Familie neu aus. Und die Käufer dankten es ihm.
Dieses Erbe will sich Marchionne, zuvor für Verpackungsfirmen wie die Schweizer Alusuisse tätig, möglichst nicht nehmen lassen. Es kam dann aber die europäische Schuldenkrise, und Italien steckt in einer Rezession. Sowieso schon für markige Worte bekannt, war es für den Präsidenten des europäischen Branchenverbandes Acea logisch, sich für jene einzusetzen, die wie Fiat massive Absatzprobleme in Europa und vor allem in Italien haben. Der Mailänder «Corriere della Sera» meinte am Freitag zur Breitseite des Fiat-Bosses gegen VW in dem «Preiskrieg»: «Fast alle Konstrukteure denken auch so, Marchionne spricht es aus.»