Paris. Die Volkswagen-Pläne zur Eröffnung eines Autohauses auf den Pariser Champs-Élysées werden von Branchenkennern skeptisch gesehen. „Einen Schauraum auf der weltweit bekanntesten Prachtstraße zu haben, bringt in Sachen Absatzsteigerung gar nichts“, sagt etwa Carlos Da Silva, Automobil-Analyst bei IHS. VW sieht das naturgemäß anders, denn der neue Schauraum ist Teil eines großen Frankreich- Plans. Schon vor einigen Monaten sagte VW-Frankreich-Chefin Marie-Christine Caubet gegenüber Automotive News Europe, Schwesterblatt der Automobilwoche, dass Europas größter Autohersteller seinen jährlichen Absatz bis 2018 auf 400.000 Fahrzeuge beinahe verdoppeln wolle.
Auf der Pariser Prachtstraße zum Erfolg
Das neue Edel-Autohaus dürfte als klare Botschaft an die französischen Platzhirschen Renault und PSA Peugeot-Citroën verstanden werden, sagt Da Silva. „VW unterstreicht damit auf symbolische Weise seine Absichten auf dem französischen Markt. Das Unternehmen will Marktanteile hinzugewinnen, und zwar auf Kosten der heimischen Marken.“ Das neue Haus der Wolfsburger auf den Champs-Élysées soll bereits im nächsten Jahr öffnen. Es befindet sich gleich gegenüber dem Renault-Schauraum und nicht weit entfernt von den Verkaufsräumen von Peugeot und Citroën.
Doch wie gut laufen die Geschäfte für die Volkswagen-Gruppe in Frankreich? Bis August hat der Autobauer zwar mit 189.324 Fahrzeugen drei Prozent weniger verkauft als im Vorjahreszeitraum, zugleich aber den Marktanteil laut dem französischen Herstellerverband CCFA von 11,0 Prozent auf nun 12,2 Prozent gesteigert. Zum Vergleich: Peugeot und Citroën mussten zusammen einen Rückgang von 18 Prozent auf 480.718 Einheiten hinnehmen, der Marktanteil sank von 33,2 Prozent auf 31,0 Prozent. Die Nachfrage nach Fahrzeugen der Marken Renault und Dacia ging um 15 Prozent auf 380.218 Einheiten zurück, der Marktanteil verringerte sich von 25,2 Prozent auf 24,5 Prozent.Während PSA und Renault sich auf Anfrage nicht äußern wollten, unterstrich ein VW-Sprecher, dass das Unternehmen weiterhin ein besseres Preis-Leistungs-Verhältnis anbieten wolle als der Wettbewerb. Dies beruhe zum Teil auf den geringeren Produktionskosten, erläutert Stuart Pearson, Analyst bei Morgan Stanley. Durch den Einsatz des neuen Modularen Querbaukastens (MQB) bei der siebten Modellgeneration des VW Golf spare das Unternehmen rund 2000 Euro pro Fahrzeug gegenüber der alten Plattform ein, sagt Pearson. Grund sind die riesigen Volumen: Bis 2018 will VW den MQB markenübergreifend in sechs Millionen Fahrzeugen einsetzen.
Damit könnten sich die Einsparungen bis 2019 auf bis zu 14 Milliarden Euro summieren. „Diese Einsparungen können sich auf drei Bereiche auswirken: Preisgestaltung, Produkt oder Marge“, sagt Pearson. „Wenn diese Werte zurück in das Auto fließen, dann ist das ein überzeugendes rationales Argument, sich für ein Fahrzeug von VW zu entscheiden.“ Zumal VW auch die besseren Finanzierungskonditionen anbiete. Zugleich sinke die Loyalität der französischen Kunden zu den nationalen Marken, sagt Da Silva.Die Frage ist allerdings, ob das Streben nach höherem Marktanteil den Gewinn von VW in Frankreich beeinträchtigt. „Wir sind nicht sicher, ob dies eine weise Entscheidung ist, vor allem in einem langfristig eher stagnierenden Markt. Alles kommt auf den Preis an und wie er erzielt wird“, so Da Silva. Preissenkungen und Rabatte könnten beispielsweise kurzfristig zu einem geringeren Gewinn führen. „Den Marktanteil auf Kosten der Preise steigern zu wollen, kann nach hinten losgehen. Es könnte zu einem Preiskrieg kommen, vor allem mit jenen Herstellern in Frankreich, die über nicht ausgelastete Kapazitäten verfügen und es sich nicht erlauben können, Marktanteile zu verlieren.“