München. „Diese Machtspiele setzen Unternehmen ganz gezielt ein, um die Anbieter zu zermürben“, erklärt Strategieberater Hans-Andreas Fein. Missgelaunt drängten Einkäufer auf rasche Rabattgewährung. Und um Zulieferern ein schlechtes Gewissen zu suggerieren, werde versucht, dem Gegenüber Schuldgefühle einzureden. Mit diesen Provokationen landet das Gespräch jäh auf der Beziehungsebene. Jetzt geht es um Emotionen statt um den Austausch technischer und ökonomischer Fakten in sachlich-ruhiger Atmosphäre. Indes, wer jene Tricks bewusster Emotionalisierung durchschaut, trotzt den üblen Ritualen der Demütigung. „Sachargumente des Lieferanten zählen im Moment der Emotionen nicht“, sagt Fein und rät: „Der frontal Angefeindete sollte nun seinerseits offen von der Sach- auf die Beziehungsebene wechseln.“ Psychologen sprechen in diesem Fall davon, „einen Gegen- Anker“ zu setzen und „Gefühle und Gedanken direkt auszusprechen“. Denn „je länger jemand die Dominanz eines Anderen aushält, desto mehr bestätigt er dessen Strategie“, so Woertche. Und Macht übt auch die hohe Prozentzahl einer geforderten Preissenkung aus: Sie lähmt den Verhandlungspartner wie magisch.
Emotion gegen das Ritual der Demütigung
Gegen das barsche Preisdiktat, die „Anker-Zahl“, sollte der Lieferant nun seinerseits einen „Gegen- Anker“ setzen. Er müsste dabei einen Wert äußern, der etwa die Hälfte des geforderten Rabatts symbolisiert. Der Verkäufer könnte etwa lamentieren, nervös eine halbe Stunde um die Konzernzentrale gefahren zu sein und dann nur in einer winzigen Lücke einen halben Parkplatz gefunden zu haben. Wer hier die richtigen Zeichen setzt – US-Psychologe Daniel Kahneman nennt diesen Vorgang „Priming“ – kann die Oberhand im Preispoker gewinnen. Freilich muss der Lieferant beachten, dass er seinen Kunden stets ernst nimmt. Und der Anbieter sollte „alle Signale lesen können, die sein Gegenüber beim Gespräch aussendet“, hebt Fein hervor. Gerade in Rabattschlachten gilt der Grundsatz, dass Kommunikation mehr als nur Sprache ist. „Eine Verkaufsverhandlung ist ein Dialog, bei dem auch die Körpersprache, Mimik sowie Gestik, der Tonfall und Geräusche wie Seufzen oder lautes Luftholen zählen“, ergänzt Psychologin Woertche. Auch die Raumgestaltung oder die Auswahl der Getränke seien Teil der nonverbalen Kommunikation. „Egal wo sich jemand befindet und wie der kulturelle und individuelle Stil ist, immer und Abschluss: Preisverhandlungen erfordern psychologisches Geschick. jederzeit teilen wir etwas mit“, bekräftigt sie. Schließlich sollte der Lieferant seinem Kunden höflich signalisieren, dass er noch Optionen für gute Ideen zum Produkt oder zum Fertigungsprozess hat. Darüber könne wohl gesprochen werden – freilich in Ruhe und auf einer sachlichen Ebene. Mit diesem Vorschlag könnte der Psychokrieg sein gutes Ende finden.