Die ersten Monate schien der Abgasskandal an Audi weitestgehend schadlos vorbeizugehen. Audi-Chef Rupert Stadler konnte im Schatten des „VW-Skandals“ fast weitermachen wie bisher. Doch dann kamen die Einschläge näher. Und nun sieht es so aus, als könnte die Abgasaffäre Stadler doch noch den Job kosten. Der Druck auf ihn wächst.
Mit den Behörden in den USA gibt es immer noch keine Einigung über die Nachrüstung der Fahrzeuge mit Dreiliter-Dieselmotoren. Eine Anhörung, die für den 30. November angesetzt war, wurde auf den 16. Dezember verschoben. Innerhalb des VW-Konzerns mehren sich die Stimmen, die Stadler Entscheidungsschwäche vorwerfen. In der Audi-Belegschaft wächst der Unmut über die intransparente Aufarbeitung des Skandals. In einer Betriebsversammlung Anfang Oktober machten die Audi-Mitarbeiter ihrem Unmut erstmals lautstark Luft. Mit Martin Winterkorn und Ferdinand Piëch hatte Stadler bereits im Jahr 2015 wichtige Fürsprecher im Konzern verloren. Sie galten als Ziehväter des Betriebswirtschaftlers Stadler.
Verloren hat der Vorstandsvorsitzende mit Stefan Knirsch im September auch den vierten Entwicklungschef innerhalb von vier Jahren. Wie Ulrich Hackenberg 2015 musste auch Knirsch, der erst im Januar den Posten übernommen hatte, wegen des Abgasskandals gehen. Entgegen voriger Beteuerungen wusste er wohl bereits frühzeitig von den Manipulationen, wie Ermittlungen der Kanzlei Jones Day ergeben haben sollen. Dabei wollte Stadler mit Knirsch doch neu durchstarten.
Hinzu kommt: Das Absatzwachstum schwächt sich ab. Im dritten Quartal dieses Jahres ist der Gewinn eingebrochen. Audi muss sparen. Der Bau des noch im Frühjahr groß vorgestellten Zukunftprojekts „IN Campus“ liegt vorerst auf Eis. Über den Wegfall der Dauernachtschicht laufen derzeit Gespräche.
Im November tauchten nun neue Berichte auf, Audi habe auch eine illegale Software bei der Messung von CO2-Werten eingesetzt. Das Kraftfahrt-Bundesamt untersucht die Vorwürfe, genauso wie mögliche Ungereimtheiten bei Verbrauchswerten. Sollten die Vorwürfe zutreffen und eine Einigung in den USA noch länger auf sich warten lassen, könnte die Luft für Stadler noch dünner werden. Zu dünn.