Elektroautos lohnen sich für deutsche Autobauer noch nicht

Stuttgart. Das Verhältnis der deutschen Autohersteller zum E-Auto wirkt von außen paradox: Die gesamte Branche scheint zwar davon überzeugt, dass dem E-Antrieb eine große Zukunft bevorsteht. Aber: So richtig losgelegt in Sachen Elektroauto haben bislang die wenigsten.

Daimler-Chef Dieter Zetsche etwa bleibt, was den E-Fahrplan seines Konzerns angeht, eher unkonkret. Bei der Bilanzvorlage des Autobauers am Donnerstag sagte der Manager: "Für die Zukunft arbeiten wir auch an einem Architekturkonzept für ein Elektroauto mit bis zu 500 Kilometern Reichweite."

Keine Frage: Alle deutschen Hersteller haben inzwischen E-Modelle im Angebot. Volkswagen hat E-Up und E-Golf, Daimler bietet Smart und B-Klasse an. Jedoch: Ein Modell, das ausschließlich als E-Auto konzipiert ist, hat bis jetzt nur BMW mit dem i3. Die anderen lassen sich Zeit. Die VW-Marken Audi und Porsche werden Modelle, die ausschließlich auf Elektromotoren setzen, erst gegen Ende des Jahrzehnts anbieten. Dies gilt auch für Daimler.

Die Stuttgarter setzen vorerst auf zehn neue Plug-in-Hybride. Diese Art Autos fahren mit Benzin und Strom. Woher kommt die deutsche Zurückhaltung beim reinen Elektroauto? Relativ einfache Antwort: Es lohnt sich einfach aktuell nicht - zumindest noch nicht.

Zetsche sagt: "Ich glaube es ist wahrscheinlich davon auszugehen, dass es heute keinen Hersteller gibt, der mit diesen Produkten Geld verdient." Er sieht noch eine "lange Strecke", auf der die Autohersteller in Vorlage gehen müssten. Selbst Marktführer Tesla nimmt sich übrigens bis 2020 Zeit, um Gewinne zu erzielen.

Klar ist: Gewinne können die Hersteller erst dann machen, wenn die Nachfrage der Kunden anzieht. Insgesamt wurden nach Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) im vergangenen Jahr aber nur gut 12.000 reine Elektroautos und 11.101 Plug-in-Hybride in Deutschland neu zugelassen - knapp 0,7 Prozent der gesamten Neuwagen. Das Ziel der Bundesregierung, bis 2020 eine Million Elektroautos auf deutschen Straßen zu haben, scheint völlig utopisch.

Daran hat die Politik schuld, meint die Autobranche. "Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht", sagt Zetsche. Am Dienstag saß er mit anderen Autochefs und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zusammen, schweigt aber zu Details des Treffens. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hatte zuletzt eine Kaufprämie ins Gespräch gebracht. Wer ein Elektroauto kaufen will, würde einen Zuschuss von mehreren Tausend Euro aus der Staatskasse bekommen. In der Koalition ist das jedoch durchaus umstritten.

Ökonom Andreas Pyka von der Universität Hohenheim hält Kaufanreize für den falschen Weg. Angesichts des aktuell niedrigen Ölpreises müsste die Regierung tief in die Tasche greifen, um die preisbewussten Verbraucher zum Kauf von E-Autos zu bewegen. Es müsse daher ein kreativer Prozess über die Zukunft der Mobilität angestoßen werden, letztendlich stehe auch die politische Zielmarke infrage: "500.000 Elektroautos im Carsharing könnten den gleichen Effekt haben wie eine Million Elektroautos, die nur für die eigenen Zwecke genutzt würden", sagt Pyka

In anderen Ländern zahlt sich Förderung unterdessen sehr wohl aus. In China sind 2015 auch dank Anreizen nach einer Untersuchung des Center of Automotive Management (CAM) dreimal so viele Elektroautos verkauft worden wie im Jahr zuvor.

Zetsche nennt derweil Norwegen als ein Land, in dem der Start der Elektromobilität erfolgreich staatlich unterstützt wurde. "Dort sind andere Randbedingungen gesetzt worden", sagt Zetsche. "Darüber muss man sich unterhalten, ob wir das auch wollen, oder nicht."

Bis März will nun die Bundesregierung über mögliche Fördermaßnahmen entscheiden. Sie wird damit nicht nur darüber entscheiden, ob Elektroautos für deutsche Autofahrer am Ende billiger werden - sie wird wohl auch mit darüber entscheiden, ob un wie rasch die deutschen Autobauer mit E-Mobilen Geld verdienen können. (dpa/gem)