Als Volkswagen 1950 den Typ 2 einführte, den ersten „Bulli“, bekam der Ur-Transporter den gleichen Radstand wie der Typ 1, der „Käfer“. Und das nur, damit die Händler für das neue Modell keine neue Hebebühne anschaffen mussten. Denn die war in den VW-Werkstätten speziell auf den Käfer zugeschnitten. Von solcherlei Rücksichtnahmen kann der Autohandel heute nur noch träumen. Allein die Pkw-Marke Volkswagen hat ihre Modellpalette weltweit auf heute 19 Modelle aufgefächert. Potenziert mit der Zahl der Sonderausstattungen ergeben sich vier Millionen Fahrzeugvarianten. Kein Händler kann diese Typen- und Ausstattungsvielfalt noch überblicken, weder im Showroom noch in der Werkstatt.
Bei Mercedes ist es nicht anders: Selbst die größte Niederlassung kann mit 300 Vorführwagen nicht mehr jedes Modell mit jeder Motor-Getriebe-Kombination anbieten. Allein für die S-Klasse gibt es so viele unterschiedliche Ausstattungen, dass Mercedes von der im vergangenen Jahr erneuerten Modellreihe theoretisch kein Auto zweimal gebaut hat. Da sich der Variantenreichtum mit dem jüngsten Generationswechsel weiter erhöht hat – allein die Fahrerassistenzsysteme von Pre-Safe bis Magic Body Control füllen im Prospekt mehrere Seiten –, schlägt nun der Handel Alarm. Die Zahl der unterschiedlichen Sonderausstattungen lasse sich dem Kunden nicht mehr vermitteln. Selbst geschulte, erfolgreiche S-Klasse-Verkäufer seien überfordert. Zudem brauche das Konfigurieren einer S-Klasse Stunden, die kein Kunde mehr investieren wolle. Es sollen schon die ersten Mercedes-Verkäufer in den Konfigurations-Streik getreten und zum reinen Verkauf fertiger Lagerfahrzeuge übergegangen sein. Da Sonderausstattungen und Individualisierung Geld bringen, ist mittlerweile auch Opel mit dem Adam auf diesem Trip und bietet eine nie gekannte Variantenvielfalt. Die Opel-Händler, gewohnt, vor allem ab Lager zu verkaufen, sind überfordert. Offenbar hat manche Marke die Individualisierung übertrieben. Marketing- Fachleute kennen das schon lange: Zu viel Auswahl macht unglücklich.