Wett­bewerb im Gebrauchtwagen­geschäft verschärft sich

Es wird enger auf dem deutschen Finanzierungsmarkt. Vor allem im Gebrauchtwagen­geschäft verschärft sich der Wett­bewerb – nicht nur beim Händler, sondern bereits im Internet. Dort könnte künftig bei der Frage, ob der Kunde das Angebot einer herstellereigenen Bank oder eines unabhängigen Finanzierers nutzt, schon eine Vorentscheidung fallen.

Früher war der Neuwagenhandel das Territorium der herstellerei­genen Autobanken (Captives), Gebrauchtwagen hingegen die Domäne der herstellerunabhängigen Banken (Non-Captives). Doch die Captives wollen ein immer größeres Stück vom ­Finanzgeschäft mit Gebrauchtwagen.

Die VW-Finanztochter VWFS will bis 2025 die Zahl ihrer Gebrauchtwagenverträge auf weltweit rund zehn Millionen steigern. Das wird nicht ohne kräftiges Wachstum auf dem Heimatmarkt gehen.

Auch beim Verband der Banken der ­Automobilwirtschaft (BDA) sind die Gebrauchten als Wachstumsfeld seit Langem ein ­großes Thema. Schon im Jahr 2012 sagte Klaus Bentz, früherer Sprecher des Verbands, der damals noch AKA hieß, dass der Gebrauchtwagenmarkt für die Captives an Bedeutung gewinne.

Damals konnten die Autobanken auf 563.000 Gebrauchtwagenfinanzierungen (Stand 2011) verweisen. Heute sind es mit 680.136 (Stand 2017) zwar mehr, doch stürmisches Wachstum sieht anders aus. Kampflos geben die Non-Captives ihren Kernmarkt nicht auf.

„Was die Händlerzahl angeht, ist die Santander Consumer Bank mit rund 20.000 die größte Autobank in Deutschland“, sagt Thomas Hanswillemenke selbstbewusst. Der Mobilitätsvorstand sieht die Stärken von Santander vor allem in der Unabhängigkeit und der Fähigkeit, auf Wünsche des Handels einzugehen, sowie in der Breite des Produktangebots.

Dazu gehört auch die Einkaufsfinanzierung vonNeu- und Gebrauchtwagen. Zudem ­habe Santander sehr viel in den ­Außendienst investiert. „Mit 150 Personen, die zu den Händlern ­fahren, haben wir den größten ­Außendienst in der Branche“, sagt der Bankmanager. „Wir beschäftigen uns sehr stark mit dem Händler“, sagt Hanswillemenke.

Seit fünf Jahren führt die Bank daher zweimal im Jahr eine Umfrage durch. „Wir wollen wissen, was heute und morgen seine Erwartungen an Produkte und Prozesse sind.“ Zentrales Thema dabei ist die Digitalisierung. „Wir werden den Point of Sale ins Internet bringen – und zwar so, dass der Händler seine Produkte komplett online ­anbieten kann“, kündigt er an.

Ein wichtiges Projekt dabei ist die Zusammenarbeit mit dem ­neuen Finanzierungsangebot von Mobile.de, das im März startete. Schon in der Testphase, die im Herbst 2017 auf kleiner Flamme ­begann, war Santander Koopera­tionspartner von Mobile.de. Das ­Angebot werde „sehr gut angenommen“, bestätigt Hanswillemenke entsprechende Aussagen von Mobile.de. „Das motiviert uns, das Produkt weiter zu ver­bessern.“

Der Kampf um den Kunden bei der Gebrauchtwagenfinanzierung dürfte sich damit zunehmend ins Internet verlagern. Und die Onlinebörsen werden dabei ­eine immer wichtigere Rolle spielen. So investiert VWFS derzeit kräftig in seine Gebrauchtwagenbörse Heycar und zeigt sich offen für Investoren von außen – das könnten auch andere Cap­tives sein. „Unser Anspruch ist ganz klar, ­Mobile.de zu schlagen und die Nummer eins im Markt zuwerden“, sagte jüngst VWFS-Vertriebsvorstand Christian Dahlheim.

Wenn Heycar zum Erfolg wird, dürften es künftig zwei unterschiedliche Finanzierungswelten geben. Einerseits Plattformen wie Mobile.de, wo VWFS nicht die ­volle Bandbreite seines Angebots ausspielen will, andererseits Angebote wie Heycar, die sich als Plattform der Captives verstehen und die ­unabhängigen Banken außen vor lassen. Wie sich die Marktanteile der freien und gebundenen ­Finanzierer bei Gebrauchtwagen entwickeln, wird also auch vom Kampf der Onlinebörsen abhängen.

Beide Gruppen kämpfen in ­einem wachsenden Markt um die ­Finanzierungskunden. Für 2014 wies der DAT-Report bei den Gebrauchtwagen noch eine Finanzierungsquote von 35 Prozent aus, 2017 waren es schon 44 Prozent. Angesichts der steigenden Gebrauchtwagenpreise überrascht das allerdings nicht. So lag der Durchschnittspreis für einen ­Gebrauchtwagen bei Mobile.de im März 2018 mit 23.175 Euro um 3242 Euro höher als drei Jahre zuvor. Da erscheint es nur logisch, dass die Zahl der Kunden, die ihren Gebrauchtwagen bar zahlen, sinkt.

Lesen Sie auch:

Neues Projekt der Wellerguppe: Startschuss für die Finanzsparte

Finanzdienstleistungen: Herstellereigene Autobanken boomen

Im Datencenter:

Geschäftsentwicklung der herstellereigenen Autobanken 2016 zu 2017